Zitationsformeln
Heraustreten eines Textes aus seiner Umgebung durch Formhaftigkeit
oder poetische Stilelement wie rhytmische Gliederung, strophischen -Aufbau,
Relativ- oder Partizipialstil
Auftreten einer Terminologie, die von der des Verfassers abweicht
Theologische Vorstellungen ,die von der des Verfassers abweicht
Die Wiederkehr derselben, eventuell leicht abegwandelten formelhaften
Wendungen oder Aussagen bei verschiedenen Autoren
GEdanken, die über den Zusammenhang auffällig hinausgehen
und besonders streng und ge - schlossen formuliert sind
Grammatische Inkorrektheiten und stilistische Härten
1.Pistisformeln
Die Pistisformel formuliert das in der Vergangenheit liegende christologische
Heilsgeschehen und verwendet daher meist den Aorist. Dabei sind drei Auspärgungen
festzustellen, eine die nur die Auferweckung Jesu, eine, die nur seinen
Tod und eine, die Tod und Auferweckung (Auferstehung) nennt.
1.1 Die Formel von der Auferweckung
Repräsentant: Röm109. Der Satz ist offenbar als prägnante
Zusammenfassung des ganzen christlichen Glaubens verstanden worden. Der
Glaube, daß Gott Jesus von den Toten erweckt hat, ist zugleich Glaube
an den Gott, der Jesus von den Toten erweckt hat. Die Formel nennt nur
daß Ereignis, gibt aber keine Deutung. Sie war nicht nötig,
da für jüdisches Verständnis die Totenerweckung ein Geschehen
der Endzeit war und die Formel damit ein eschatologisches Ereignis aussagte.
1.2 Die Formel vom Tode
Hier gilt es zwei Gruppen von Formeln zu unterscheiden: in der einen
wird der Tod als Sterben (ajpoqanei`n), in der andern als Dahingabe (paradou`nai,
dou`nai) bezeichnet.
Repräsentant der ajpoqanei`n-Gruppe ist Röm58: Daß
Sterben für uns ist als Sühne oder als Stellvertretung verstanden.
Repräsentanten der (para-)dou`nai-Gruppe sind: Röm832, Gal14,220
Eph52,25.
Die Dahingabeformel deutet den Tod Jesu wie die Sterbeformel als Sühne
bzw. als Stellvertretung und als einmaliges Ereignis der Vergangenheit.
Doch hebt sie stärker als jene mit dem Verbum (para-)dou`nai die willentliche
Aktivität des Handelnden und mit der Sohnesbezeichnung die enge Verbindung
von Gott und Jesus hervor. Die Dahingabeformel repräsentiert ein fortgeschritteneres
und komplexeres Stadium der Reflexion als die Sterbeformel.
1.3 Kombinierte Formeln
Repräsentant 1Kor143b-5:Die Formel ist sicher nicht viergliedrig,
sondern zweigliedrig. Beide Glieder stehen formal Parallel. Das erste Glied
bringt eine doppelte Deutung des Sterbens Christi: als für unsere
Sünden geschehen als Sühnetod d.h. als Tilgung durch die Sünden
kontrahierten Schuld, und ferne als nach den Schriften geschehen, als schriftgemäß,
d.h. als dem im AT geoffenbarten Ratschluß Gottes entsprechend. Daß
zweite Glied kennzeichnet durch die passivische Formulierung Gott als Subjekt
der Auferweckung, gibt deren Datum an und bezeichnet sie ebenfalls als
schriftgemäß. 1Kor153b-5 ist ein komplexes Gebilde und daß
Ergebnis eines komplizierten traditionsgeschichtlichen Vorgangs. An ihren
hohen Alter kann aber kein Zweifel bestehen. Inhaltlich erweist sie sich
eindeutig als judenchristlich.
1.4 Herkunft und Sitz im Leben
Die Auferweckngsformel ist die älteste und geht zweifellos auf
die palästinsche Urgemeinde zurück. Die Herkunft der Sterben-
und der kombinierten Formel ist umstritten. Die Vorstellung vom stellvertretenden
Sühnetod ist im hellenistischen Judentum nachzuweisen, auch der Verweis
auf die Schrift und die Anspielung auf Jes5312 (Röm425) sind judenchristlicher
Herkunft. Man wird daher annehmen, daß die kombinierten Formeln im
hellenistischen Judenchristentum entstanden sind und daß hier der
Ursprung der Sterbesformel zu suchen ist.
Die Pistisformeln haben ihren Sitz im Leben im Katechumenat. So sind
die Pistisformeln katechetische Formeln.
2. Homologien
bezeichnen die formelhaften Wendungen oder Sätze im NT, die mit
oJmologei`n eingeleitet oder als oJmologiva gekennzeichnet werden, sowie
die, die durch gleiche Struktur und gleichen Inhalt sich verwandt erweisen
auch wenn die Stichworte oJmologei`n und oJmologiva fehlen.
Die Person Jesu und seine gegenwärtige Würdestellung haben
die Homologien zum Gegenstand.
Es lassen sich nach Form und Inhalt zwei Typen unterschieden: Kyrios-Homologien,
die strukturelle Akklamation und die Gottessohn-Homologie, die strukturell
Identifikationssatz ist.
2.1 Akklamation
kuvrioß *Ihsou`ß oder auch kuvrioß *Ihsou`ß
Cristovß. Mit dieser Akklamation unterstellt sich die Gemeinde dem
erhöhten Jesus als ihrem Herrn, proklamiert sie seine Herrschaft vor
der Welt und vollzieht sie eine polemische Abgrenzung gegen die Ansprüche
jedes anderen kuvrioß.
Ihr Sitz im Leben hat die Akklamation im Gottesdienst. Am hohen Alter
der Formel kann kein Zweifel bestehen. Ihre Herkunft läßt sich
nur bis in die heidenchristliche Gemeinde verfolgen.
2.2 Identifikationssatz
Diese Homologie ist keine Akklamation, sie antwortet auf die Frage
wer Jesus ist. Diese Homologie identifiziert Jesus mit dem eschatologischen
König, spricht als von seiner gegenwärtigen Würdestellung.
Sitz im Leben ist die Taufe; diese Homologie ist Taufbekenntnis.
Alter und Herkunft des Taufbekenntnisses sind nicht genau zu bestimmen.
Es begegnet erst in den jungen Schriften des NT, ist aber natürlich
älter und ist judenchristlicher Herkunft.
3. Kerygmatische Formeln
Repräsentant:1Thes19b-10: Aufzählung der Topoi des gemeinchristlichen
Missionskerygmas: Bekehrung zu dem einen Gott, Jesus und seine Auferstehung,
Eschatologie. Daß Summarium ist inhaltlich judenchristlich und stammt
aus dem hellenistischen Judenchristentum.
4. Liturgische Texte
4.1 Eine Personformel
Repräsentant Röm13-4: Die Formel handelt nur von der Person
Jesu, in der ersten Zeile von seiner davidischen Herkunft, d.h. von seiner
“genealogischen Qualifikation zum Messias, in der zweiten von seiner Einsetzung
zum Gottessohn kraft seiner Auferstehung von den Toten. Die Formel rückt
in die Nähe des Taufbekenntnisses, nur zeigt sie stärkere theologische
Reflexion: die Art Gottessohnschaft (Adoption), die Art der Einsetzung
(Auferstehung) und die Legitimation Jesu zu dieser Würde (davidische
ABstammung) werden ausdrücklich erwähnt.
Sitz im Leben ist der Gottesdienst und ihre Herkunft stammt aus im
hellenistischen Judenchristentum.
4.2 Ei|ß-Akklamation
Die ei|ß-Akklamationen sind eng verwandt mit der Kyrios-Akklamation.
Die Christen haben vermutlich die ei|ß-qeovß-Formel aus der
monotheistischen Missionspropaganda des hellenistischen Judentums, die
ei|ß-kuvrioß-Formel dagegen aus er heidnischen Umwelt übernommen.
Repräsentant ist 1Kor86: Der in strengem Parallelismus membrorum
gebaute Text enthält zwei Elemente:1. eine dyadische ei|ß-Akklamation
(“Einer ist Gott: der Vater... und Einer ist Herr: Jesus Christus”) und
2. zu jedem Glied eine doppelte Präpositionalwendung, die Gott als
Schöpfer des Alls und Ziel der Sprechenden (= Christen, Erlösten),
Jesus Christus als Mittler der Schöpfung und der Erlösung kennzeichnen.
Die Akklamation selbst ist eine christliche ABsage an den Polytheismus
und die Proklamation des Einen Gottes, der durch Jesus Christus zugänglich
ist.
Eine triadische Komposition begegnet in Eph44-6. Ist keine vorliterarische
Form, sondern eine Komposition des Verfassers.
Die christliche Heidenmission hat schon vor Paulus die dyadische
ei|ß-Akklamation verwendet. Derer ursprünglicher Sinn war die
polemische, aber zugleich auch proklamatorische Abgrenzung gegen den Polytheismus.
4.3 Doxologien
Es gilt zu unterschieden zwischen Doxologien mit dovxa und den Eulogien
mit eujloghto;ß.
Die Doxologie steht meistens am Ende eines Sinnabschnitts: Röm1136,
Gal15, Eph321, Phil420 1Tim117, 616 2Tim418, den Briefschluß bildet
sie in Röm1625ff, Jud24f und beziehen sich immer auf Gott.
Die Eulogien sind ebenfalls immer auf Gott bezogen. Repräsentanten
sind Röm125,95 2Kor1131. Manche Briefproömien beginnen statt
mit eujcairistw` mit einer hymnisch aus gebauten Eulogie 2Kor13 Eph13 1Petr13.
Beide Typen sind jüdischer Herkunft und preisen Gottes ewiges
Wesen und erfahrenes Handeln.
4.4 Gebete
Die urchristlichen Gebete haben ihren Sitz im Leben natürlich
nicht nur im Gemeindegottesdienst, sonder auch in der persönlichen
Sphäre; aber die uns erhaltenen sind liturgisch geprägt.
4.5 Kultformeln des Herrnmahls
Viermal werden im NT die “Einsetzungewort” überliefert Mk1422-25,
Mt2626-28, Lk2215-20,
1Kor1123-26, die, zumal in ihren älteren Fassungen Mk1422-25 und
1Kor1123-26, deutllich vom liturgieschen Brauch des Herrenmahls geprägt
sind. Die beiden Texte stellen zwei literarisch von einaner unabhängigge
Fassungen der selbsen Tradition dar. Die von Paulus zitierte Überleiferung
sit nicht nur literarisch, sondern auch trditionsgeschichtliche älter
als der Mk-Text.
4.6 Eingangslitrugie des Herrenmahls
1Kor1620b,22-23: Heiliger Kuß, Anathema, Maranatha, Gnadenspruch
gehören zur Eingangsliturgie des Herrenmahls wie die Parallele Did106
zeigt. So ist in beiden Texten 1Kor1620b,22-23 und Did106 Fomulare einer
Eingangsliturgie zu sehen.
4.7 Tauffeier
Repäresentatn Kol112-20:
4.8 Tauf- oder Ordniationsparänese
Repräsentant 1Tim611-16
5. Lieder
Das Urchristentum hat von Anfang an Lieder hervorgebracht 1Kor1426
Kol316 = Eph519 Apg1625. Was von den urchristlichen Liedern erhalten blieb,
sind zufällige Reste, die mehr oder weniger kenntliche Zitate in lehrhafte
oder paränetische Zusammenhänge der Briefliterartur oder der
Apk eingelegt sind.
5.1 Zwei vorchristliche Liede sind das Magnificat Lk146-55 und das
Benedictus Lk168-79, die Lukas als stilechte “eschatologische Hymnen jüdischer
bzw. täuferischer Herkunft in sein Evangelium aufnahm..
5.2 Paulus zitiert in Phil26-11 eine vorpaulinisches Christuslied.
In 1Tim316 liegt ein Lied von sechs Zeilen vor. Die Reihenfolge
der Substantive - Fleisch/Geist, Engel/Völker, Welt/Herrlichkeit -
zeigt, daß es sich um drei Gegensatzpaare in chiastischer Anordnung
handelt, daß also das Gedicht formal aus drei Doppelzeilen besteht.
Die drei Doppelzeilen entsprechen den drei Akten eins altägyptischen
Thronbesteigungsrituals, das sich als Schema in der hellenistischen Zeit
nachweisen läßt: 1. Begabung mit göttlichem Leben, 2. Präsentation
und 3. Einsetzung in die Herrschaft. Das Lied schildert also die Inthronisation
Christi.
Bei 1Petr318-22 handelt es sich um ein vom Verfasser bearbeitetes
Traditionsstück. Das Lied schildert in Vorstellungen, die denen von
Phil26ff und 1Tim316 verwandt sind, den Weg Christi in der zeitlichen Reihenfolge
seiner Station und legt den Akzent auf die Erhöhung und die Herrschaft
über die Mächte.
Auch Kol112-20 ist ein liturgisches Stück wobei Kol115-20 ein
glossiertes Lied ist. Die erste Strophe preist den Präexistenten als
Mittler der Schöpfung, die zweite den Postexistenten als Mittler der
Versöhnung.
In Hebr13 singt´s ebenfalls als Vierzeiler. Aber der empfindliche
Stilbruch nach der zweiten Zeile und das unvermittelte Auftreten der Motive
der Sündentilgung und der Thronbesteigung lassen an der Integrität
des Liedes zweifeln..
1Petr221-24 ein vorgeformtes poetisches Traditionsstück, das der
Verfasser glossiert und der Mahnung angepaßt hat. Es nimmt eine Sonderstellung
ein, da es ausschließlich vom Leiden Christi handelt, Präexistenz
und Menschwerdung, während Erhöhung und gegenwärtige Würde
dagegen nicht berührt werden.
5.3 Sitz im Leben der Lieder ist der Gottesdienst. DAß einzelne
Lieder noch einen spezielleren Bezug hatten, ist wahrscheinlich oder jedenfalls
möglich. Kol115-20 dürfte einen Bezug zur Taufe haben.
5.4 Weniger sicher sind die Lieder oder Liedfragmente in Röm1133-36
Eph13-14,20-23, 29-10,14-18 Kol29-15 Heb55-10,71-3,26-28Zitati von Traditionsstücke
oder Bildungen des Autor(in)s sind.
6. Paränese
Vom allen bisherigen Gattungen unterscheidet sich die Paränese
dadurch, daß sie keine knappe, geschlossene und abgerundete Form
bildet. sonder eine unabgeschlossenen Traditionsstoff von Sittenregeln
darstellt, der aber doch durch bestimmte Formmerkmale gekennzeichnet ist.
Paränese ist ein Text der Mahnungen allgemein sittlichen Inhalts aneinanderreiht.
Gewöhnlich richten sich die Sprüche an eine bestimmte Adresse
oder haben die Form des BEfehls oder Aufrufs, das unterscheidet sie von
der bloßen Sentenzen-Sammlung.
6.1 Formen der Paränese
Unterschied zwischen Paränese und andersartiger ethischer Mahnung
in Röm12,13 und
Röm141-1513. In Röm141-1513 ein einziges Thema, ein Konkretes
und aktuelles Problem der römischen Gemeinde (Streit des Starken und
Schwachen über die Erlaubtheit von Fleischgenuß. In Röm12
und 13 eine Fülle von Themen, die keinen aktuellen Anlaß haben,
die als knappe ohne strenge Disposition lose aneinandergereiht - nur Röm131-7
bildet eine größere thematische Abhandlung (Verhältnis
zur Obrigkeit) - und so allgemein gehalten sind, da´sei nicht nur
für die römische, sondern für jede Gemeinde passen: das
ist Paränese.
Paränese begegnet im Corpus Paulinum:
6.2Formmerkmale:
Keine ausführlich begründeten ethischem Entscheidungen, sondern
kurze Gebote oder Aufrufe sind das auffälligste Merkmal. Das andere
Merkmal ist die lose Aneinanderreihung der einzelnen ERmahnungen und Sprüche,
ohne Disposition. Zur besseren Merkfähigkeit wird öfter die Stichwortverknüpfung
verwendet, so daß Spruchreihen oder Spruchgruppen, wenn Sprüche
thematisch verbunden sind, entstehen.
Wenn einzelne Sprüche thematisch zusammengestellt werden, so kann
auch das Thema eines einzelnen Spruches Gegenstand einer “Abhandlung” werden,
die es erläutert und anwendet. Dies wird “ausgeführte Paränese”
genannt. Jak21-13 und auch Röm131-7 vgl Tit21-13 1Petr213ff.
Tugend- und Lasterkataloge Unmittelbar neben einander stehen die beiden
Kataloge nur in Gal519-23, wo die Laster als Werke des Fleisches und die
Tugenden als Frucht des Geistes genannt werden. Kol35-8 (Lasterkatalog)
und Kol312-14 (Tugendkatalog)
Weitere Tugendkataloge Eph42-3 Phil48 1Tim412 2Tim222,310 1Petr38 2Petr15-7
Weitere Lasterkataloge Röm1313 1Kor510-11, 69-10 2Kor1220-21.
Eph431, 53-5 1Tim19-10, 64 2Tim32-4
Haustafeln: Zusammenstellung von Pflichten der einzelnen Angehörigen
eines Hauses - Gatten, Eltern, Kinder, Sklaven - zueinander und zur Umwelt.
Älteste nt-liche Haustafel Kol318-41 , parallel dazu Eph522-69, dann
1Petr218-312 1Tim28-15 Tit21-10.
6.3 Herkunft
Die urchristliche Paränese ist keine christliche Schöpfung,
sie hat nicht nur Parallelen in der jüdischen und hellenistischen
Umwelt, sondern sie hat dort ihre Wurzel, in der jüdischen Weisheitstradtion
und in der hellenistischen Popularphilosophie. Tugend- und Lasterkataloge
sind eine geläufige form in der popularphilosophischen Paränese.
Die Haustafeln haben ihre Wurzeln in der popularen Morallehre der Stoa
und des hellenistisch-jüdischen Propagandaliteratur.
6.4 Aufnahme und Sitz im Leben
Die schriftliche Paränese ist die Erinnerung und Wiederholung
der mündlich “überlieferten” Paränese. Zweifellos spielte
sie im Taufunterricht der Katechumen eine große Rolle; sie war aber
nicht auf ihn beschränkt.
Meist im Schlußteil von Briefen:
Gal513-610
Eph41-6
Phil44-9
Kol35-46
1Thes41-12, 51-12
Der erste Thessalonicherbrief
1. Die Gründung der Gemeinde
Der älteste erhaltene Paulusbrief und somit die älteste erhaltene
Schrift des Urchristentums ist dieser Brief an die Gemeinde in Thessalonike.
Auf der sogenannten zweiten Missionsreise in der zweiten Hälfte des
Jahres 49 von Philippi dorthin gekommen und war die zweite Gründung
einer paulischer Gemeinde auf europäischem Boden.
Apg171-10 gibt eine dramatische Schilderung der Vorgänge bei der
Gemeindegründung: Paulus predigt an drei Sabbaten in der Synagoge
und verkündigt die Messianität Jesu und gewinnt wenige Juden,
aber sehr viele gottesfürchtige Hellenen. Die Juden werden eifersüchtig
wegen des ERfolgs und wollen die unerwünschten Konkurrenten ausschalten
und erheben Anklage auf politisch subversive Agitation in der ganzen Oikumene.
In der folgenden Nacht Flucht aus der Stadt. Diese Schilderung folgt dem
lukanischen Schema (Anknüpfung an die Synagoge, Erfolg bei den “Gottesfürchtigen”,
Eifersucht der Juden und Verfolgung) und ist zeitlich gerafft: auf einige
Monate wird man die Wirksamkeit des Paulus in Thessalonike schon schätzen
müssen. Apg173 ist das lukanische Schema der Missionspredigt an Juden
und stimmt schlecht zu dem , was Paulus selbst darüber sagt 1Thess19-10:
Summarium der Missionspredigt an die Heiden. Die Gemeinde setzte sich nach
1Thess19, 214, 43ff religiös mehr aus ehemaligen Götzendienern
als aus Gottesfürchtigen zusammen und sozial nach 2Kor82 aus armen
Leuten. Als Paulus Thessalonike verließ, bestand dort eine offenbar
nicht unbeträchtliche, jedenfalls sehr lebendige Gemeinde
1Thess12ff, 213 an der er mit Liebe hing und die er bald wiederzusehen
hoffte 1Thess217ff. Da dieser Wunsch unerfüllt blieb sandte er zuerst
den Timotheos und nach dessen Rückkehr den Brief 1Thes31-10.
2. Inhalt und literarischer Charakter des 1Thess
1Thess11 Präskript
1Thess12-313 Proömium
= 1. Teil
1Thess12-10 Danksagung für den Stand der Gemeinde und Versicherung
des Gedenkens
1Thess2-1-12 Erinnerung an die Wirksamkeit des Paulus (“Apologie”)
1Thess213-16 Dank für die Standhaftigkeit der Gemeinde in
einer Verfolgung
1Thess217-35 Sehnsucht des Paulus und Sendung des Timotheos
1Tess36-10 Freude über die von Timotheos gebrachten gute
Nachrichten
1Thess311-13 Fürbitte
1Thess41-522 Paränese
2.Teil
1Thess41-12 Sittliche Ermahnung (Stichwort “Heiligung”)
1Thess413-18 Belehrung über das Schicksal verstorbener Christen
1Thess51-11 Mahnungen zur Bereitschaft für die nahe Parusie
1Thess512-22 Mahnungen für das Gemeindeleben
1Thess523-28 Briefschluß
Auffällig ist, daß 1Thess1-3 keiner sachlichen Disposition
folgt, sondern daß die wiederholten Motive der DAnksagung und des
Gedenkens den Aufbau bestimmen 1Thess12ff, 213ff und die Fürbitte
1Thess311-13 diesen Teil abschließt, so daß 1Thess12-313 als
Proömium anzusprechen ist. WEiterhin auffällig ist, daß
nur 1Thess217-310 konkrete briefliche Korrespondenz enthält.
ein solches Proömium ist singulär unter den echten Paulusbriefen,
nur Eph1-3 ist eine Entsprechung.
Judenpolemik 1Thess215-16: Parallelisierung der Verfolgung der Thessalonicher
durch die Heiden mit der VErfolgung der Urgemeinde in Jerusalem, Formulierung
mit den Schlagworten christlicher und heidnischer Judenfeindschaft.
Apologie 1Thess21-12: Ist dieser Katalog er Verdächtigungen konkret
gegen ihn erhoben worden? Durch die Juden von Thessalonike? Wie sollten
sie Einfluß in der Gemeinde haben? Heiden? Auch die haben ja die
Gemeinde nicht im Inneren attackiert. Bestreitung der Apostolizität
bzw. Legitimität Pauli finden sich im ganzen Thessalonicherbrief nicht.
Debelius hat gezeigt: Die Wirksamkeit christlicher Missionare glich in
vielem der philosophischen und religiösen Propaganda der damaligen
Zeit: Notwendigkeit der christlichen Missionare, sich gegen die Wanderpropheten,
Schwindlerpropheten und Zauberer abzugrenzen. Die Apologie ist keine Polemik
gegen konkrete Gegner, sonder Abgrenzung gegenüber ähnlich Erscheinungen
in der Umwelt.
Paränese 1Thes41-522: daß sie sich gleich an das Proömium
anschließt gibt´s nur im 1Thess!
Belehrung 1Thess413-18 in Paränese eingebettet. Akzent liegt nicht
auf der Belehrung über eschatologische Ereignisse, sondern auf Tröstung
für die Gegenwart. An sich ist das eine kleine Apokalypse. Das Herrenwort
in 1Thes416-17 nicht wörtlich zitiert, sondern ein Agraphon.
3. Veranlassung und Zweck des Briefs
Der Brief ist Ersatz für die persönliche Anwesenheit und
Aussprache. die erneute Kontaktaufnahme, dient dem Eingehen auf Nachrichten
und Anfragen Die Nachrichten betrafen die vorbildliche Haltung der Gemeinde,
die Antwort ist die breit angelegte Danksagung. Paulus entwickelt hier
erstmalig den GEdanken der Auferstehung der Christen, den offenbar in seiner
Missionspredigt nicht bemüht hatte: Die VErstorbenen sind nicht vom
Heil ausgeschlossen, sondern werden auferweckt und zusammen mit den Lebenden
entrückt. Vielleicht brachte Timotheos auch die Nachricht von Spannungen
oder beginnenden Spannungen mit vgl. 1Thess513.
4. Zeit und Ort der Abfassung
Differenzen zwischen 1Thess und Apg17, Apg weiß nicht daß
Timotheos von Paulus in Athen nach Thessalonike gesandt worden war, trotzdem:
ist die Abfassung in Korinth50/51 ziemlich sicher
Der zweite Thessalonikerbrief
1. Aufbau und Inhalt
Weitgehend wie 1Thess, eschatologische Ausführungen innerhalb
des Proömiums.
2Thess11-2 Präskript
2Thess13-12 Proömium
2Thess21-12 Apokalyptische Belehrung über die Vorzeichen
des Endes
2Thess213-35 Danksagung, Fürbitte und Mahnung
2Thess36-15 Mahnungen
2Thess36-12 Kirchenzucht gegen Unordentliche und Arbeitsscheue
2thess313-15 Mahnungen an die treuen Gemeindeglieder
2Thess316-18 Friedenswunsch und eigenhändiger Briefschluß
Der Abschnitt 2Thess21-12 ist zentral! “Um dessentwillen wurde der Brief
geschrieben!” Kleine Apokalypse, belehrt den Leser über die Bedingungen
vor dem Tag des Herrn: 1. Eintreten des Abfalls, 2. Auftreten es großen
Widersachers, dessen Erscheinen aber durch deine retardierende Größe
verhindert wird, 3. Beseitigung dieses “retardierenden Faktors”: Beseitigung
des Katechon, Auftreten des Widersachers, dann erst der Tag des Herrn,
die Parousie.
Dies setzt voraus, daß die Adressaten wissen, was dieser Katechon
meint, beim Widersacher handelt es sich im wesentlichen um die Gestalt,
wie sei im Anschluß an 1Joh218,22 u.a. Antichrist genannt wird.
Modell: Jüdische Eschatologie, mystische Vorstellung von
einem urzeitlichen GEgner Gottes, der besiegt und gebunden wurde, in der
Endzeit aber zum Kampf gegen Gott und die Seinen antreten wird. Diese ursprünglich
mythische Figur (Schlange, Drache) wurde zum Repräsentanten des Teufels
vergeschichtlicht.
Unsicherheit bei der Deutung des “Katechon”: 1. das römische Reich,
2. Cullmann: katechon sei das Evangelium, katechon der Apostel, 3.
mythologische Deutung: göttliche oder himmlische Macht.
Obwohl unklar ist, wen der Verfasser dabei genau im Auge hat, wird
doch mythologisches Verständnis dem Text und der in ihm verarbeiteten
Tradition am ehesten gerecht - meint jedenfalls Vielhauer.
2. Abfassungsverhältnisse
Gewisse Leute behaupten Der Tag des Herrn ist da, sie beriefen sich
auf pneumatische Aussagen christlicher Propheten, die Verkündigung
und einen echten oder fingierten Brief des Paulus. Offenbar gaben sie in
Erwartung der bevorstehenden Parousie ihre Erwerbsarbeit auf, vgl 2Thess36-15.
Frage nach der Übersetzung vo ejnevsthken hJ hJmevra tou` kurivou
der Tag des Herrn ist da so die gnostische Interpretation oder sie steht
unmittelbar bevor, Vielhauer.
Zweck des Briefes ist die Besänftigung des Enthusiasmus und die
Mahnung, die Erwerbsarbeit wieder aufzunehmen. Kurze Berufung auf eingehändige
Unterschrift, allerdings seltsam,, daß der Apostel sich nicht schärfer
gegen ein “Plagiat” zur Wehr setzt!
3. Echtheitsfrage
1801 erstmals Verdacht der Nichtechtheit geäußert:
3.1 Eschatologie
2Thess21-12 wurden als unpaulinisch empfunden wegen der Ferne der Parousie,
der Antichrist hat sonst keine Parallele in Paulusbriefen. Aber in2Thess23ff
liegen traditionelle Motive jüdisch-christlicher Apokalyptik vor,
keine Neubildung. Die Spannung wir der geänderten seelsorgerlichen
Situation erklärt: Beide Vorstellungen seinen in der Urchristenheit
beide vorhanden gewesen. Stofflich gibt 2Thess2 also keine Grund zum Unechtheitsverdacht
- wohl aber die Tendenz der Perikope, die Naherwartung zu dämpfen.
3.2 Das literarische Verhältnis
Der ganze Inhalt von 2Thess (= II), abgesehen von 2Thess15-10 und 2Thess21-12,
finden sich auch in 1Thess (= I). zufall? Kaum! die VERschiedenheit
der Gemeindesituationen zwischen I und II nötigen eigentlich dazu,
zwischen I und II einen nicht unbeträchtlichen Zeitraum anzusetzen,
die enge literarische Abhängigkeit jedoch dazu ihre Abfassungszeiten
so nahe wie möglich aneinanderzurücken?!
3.3 Leserkreis
Harnack: II sei an judenchristliche Minorität in Thess gerichtet
gewesen, I an alle. Aber: Paulus hätte die Existenz eine judenchristlichen
Sondergruppen niemals geduldet!
Dibelius: I sei an die Gemeindeleiter, II an die Gesamtgemeinde gerichtet.
Aber: I soll doch nach 1Thess527 im Kult verlesen werden. Mahnung zur Achtung
der Gemeindeleiter in I1512! Anordnung zur Kirchenzucht II3614f!
II n andere Gemeinde gerichtet als I. Polykarp von Smyrna spricht von
“Briefen an die Philipper”. unter der Annahme II sei in Wirklichkeit ein
Philipperbrief, scheinen die literarischen Schwierigkeiten sich auflösen.
Aber II setzt früheren Paulusbrief voraus, der nur wegen der Formulierung
II22,15, I sein kann!
3.4 Akzentverschriebungen
II VErlagerung auf den Moralismus
3.5 Abschluß
Es liegt nahe II als unecht anzusehen: 1. Enge literarische VErwandtschaft
bei sachlicher Differenzen bei der Behandlung derselben theologischen Themen.
2. Auffällige Vorsicht in der Polemik gegen die BErufung auf einen
Brief, “der angeblich von uns geschreiben ist”. Sollten schon zu Lebzeiten
des Paulus fingierte Briefe von ihm existiert haben? Sollte er sich nicht
energischer dagegen zur Wehr gesetzt haben. Die Existenz solcher Pseudopaulinen
weist aber eindeutig wie alles andere in die nachpaulinische Zeit. Selbst
die Tempelschändung sei, so Vielhauer, ein Topos, der sich auch noch
in den Apokalypsen nach der Zerstörung Jerusalems durchgehalten hat.
4. Entstehung
Der Paulusschüler schreibt als Paulus, um “Paulus den Schwärmern
zu entreißen”. 2Thess ist kein wirklicher Brief sondern eine polemische
Schrift in brieflicher Form: Ein Traktat mit bestimmter Abzweckung. Bei
Polykarp von Smyrna erstmals zitiert, paulinische Gemeinde Makedoniens
oder Kleinasiens als Entstehungsort. Terminus ad quem: Poylkarpbrief ~110.
Keine Spuren schwerer Christenverfolgung, also nicht allzunahe an der Apk,
paulinische Autographen offenbar nicht mehr vorhanden, also einige zeit
nach Palui Tod:
ca. 80. Er zeigt exemplarisch die Strukturelemente der Deuteropaulinen:
Ausspielen Pauli als die Autor(in)ität. aktualisierende und modifizierende
Weiterbildung paulinischer GEdanken, kritische Aufnahme anderer Traditionen.
Der Galaterbrief
1. Die Empfänger
1.1 Argumente für die Provinzhypothese
-Paulus gebrauche zur Bezeichnung für die von ihm durchreisten
Gebiete die römischen Provinznamen, aber stimmt nicht Syrien Gal121,
neben Juda, das eigentlich dazugehört.
- Manche Stellen des Galaterbrief (Gal32-3) sprechen von gebürtige
Juden in den Gemeinde, die gab es aber nur im Süden, da der Norden
keltisch war. Aber die Gesamtheit der Gemeinde ist gemeint.
_ Die Kollekte wurde nach 1Kor161 in den Gemeinden Galatiens eingesammelt.
Aber Apg204 er-wähnt nur Lystra und Derbe.
1.2 Argumente für die Landschaftshypothese
-Der zeitgenössische, auch offizielle Sprachgebrauch spricht von
hJ Galativa und bezeichnet damit die Landschaft, nicht wie heute unter
Historikern oft abkürzend die Provinz.
- Die keltischen Galaterstämme hielten einiges auf ihre Herkunft.
also dürften sich die Einwohner der südlichen galatische Provinz,
zu der mehr gehörte und die einen langen Namen hatte, kaum als “Galater”
anreden lassen.
- Der Sprachgebrauch Pauli spricht für die Landschaftshypothese,
da er keinesfalls nur Provinznamen verwendet.
1.3 Datierung
ist von der Wahl zwischen der Provinzhypothese und der Landschaftshypothese
abhängig.
1.4 Paulus und die Gemeinden Galatiens
Aus der Apostelgeschichte geht hervor, daß Paulus auf der zweiten
Missionsreise in der Landschaft Galatien Gemeinden gegründet und auf
der dritten wieder besucht hat. Paulus war krank, ob dies nur die begleitenden
Umstände seiner Missionstätigkeit waren, oder der eigentliche
Anlaß, weil er deshalb seine Reise unterbrechen mußte, bleibt
unentschieden. Die Reise war trotz ajsqevneia th`ß sarkovß
ein Erfolg. Im Galaterbrief finden sich auch Indizien, daß Paulus
vor der Abfassung nochmals in Galatien war: Gal413: Paulus überrascht,
daß nach Gal16-7 die Galater “so schnelle abgefallen seinen”. Dies
setzt einen längeren Zeitraum, zwischen einem ersten und einem zeiten
Besuch voraus, meint Vielhauer. Dieser Aufenthalt sei mit Apg1823 gleichzusetzen.
Die Gründung also ca.49, der zweite Besuch frühestens 52 oder
53.
2. Abfassungsverhältnisse
Auf der sogenannten dritten Missionsreise ist der Galaterbrief verfaßt
worden. Gründe für ein Spätdatierung wegen des Inhalts nahe
an den Römerbrief oder wegen der gleichen Frontstellung nahe
dem 2Kor, sind nicht stichhaltig. Die Rechtfertigungslehre “ist dem Apostel
nicht erst während jenes Winters in Korinth eingefallen”. Der Galaterbrief
macht den Eindruck, nicht lange nach dem letzten Besuch des Apostels geschrieben
worden zu sein. Alles spricht dafür, daß er während es
2-3jährigen Aufenthalts in Ephesus geschreiben worden sei, also zwischen
52 und 55.
3 Aufbau und Eigenart
Gal11-5 Präskript
Ga16-10 Tadel und Drohung
Gal111-221 1. Hauptteil. Der göttliche Ursprung des paulinischen
Evangeliums, nachgewiesen an der historisch kontrollierbaren Unabhängigkeit
des Paulus von den Jerusalemer Autor(in)itäten
Gal111-14 Das vorbildliche Verhalten des Paulus
Gal115-24 Das selbständige Wirken des Heidenapostels von
seiner Berufung bis zum Apostelkonvent
Gal21-10 Der Erfolg des Appells auf dem Apostelkonvent
Gal211-21 Der Streit mit Petrus in Antiochien
ab Gal215 Übergang von der historischen zur theologischen Darlegung
Gal31-512 2. Hauptteil. Rechtfertigung aus Glauben und Freiheit vom
Gesetz
Gal31-411 1. Gang
Gal31-5 Persönlicher Appell an die Geisteshaltung der Galater
Gal36-18 Schriftbeweis: Abraham als Zeuge der Glaubensgerechtigkeit
Gal319-25 Der heilsgeschichtliche Sinn des Gesetzes
Gal326-47 Die Freiheit der Söhne Gottes
Gal48-11 Warnung vor dem Rückfall
Gal412-512 2. Gang
Gal412-20 Persönlicher Appell, Erinnerung an die Gründung
der Gemeinde
Gal421-31 Schriftbeweis: Sara und Hagar als Bild für das
entweder- oder von Freiheit und Knechtschaft
Gal51-12 Aufforderung, die Freiheit vom Gesetz zu bewahren
Gal513-610 3. Hauptteil. Paränese
Gal513-25 Freiheit vom Gesetz und Wandel im Geist
Gal526-610 Einzelermahnungen
Gal611-18 Eigenhändiger Briefschluß
Der Galaterbrief ist von Zorn, Ironie und Sarkasmus bestimmt: ein als
Kampfbrief konzipierter Rundbrief, der zu einem Lehrbrief geworden ist,
“aktuelle Korrespondenz und doch von systematischer Geschlossenheit”.
4. Die Gegner
4.1 Angaben des Galaterbriefs
Was die Gegner lehren und fordern, nennt Paulus “Werke des Gesetzes”
Gal32,5 , “durch das Gesetz gerechtfertigt werden” Gal54. Konkret: sie
Fordern die rituelle Beschneidung als Bedingung des Heils und die kultische
Beachtung bestimmter Festzeiten. Paulus kennzeichnet sie als christliche
Nomisten, die ein anders Evangelium predigen, offenbar die Übernahme
des Gesetzes als Voraussetzung für das Heil.
Aus Gal53 “... daß er verpflichtet ist das ganze Gesetz zu tun”
lesen einige moralische Laxheit, andere Libertinismus heraus.
Was Paulus in Gal53 den Galatern sagt, ist nicht etwa die unbekannte
Neuigkeit, daß Beschneidung auf das Gesetz verpflichtet, sondern:
Wenn schon, denn schon - auch keine Kompromisse, wie sie den Diasporajuden
zugestanden wurden.
Manche Exegeten lesen aus den Ausdruck stoicei`a ein Stichwort der
Gegner heraus, eine Propagierung er Verehrung der Weltelement. Dies geht
aber nicht aus dem Brief hervor, denn diese Feststellung wäre dann
ja nicht gerade eine Pointe er Erkenntnis, wenn Paulus den Galatern nur
vorwirft, was sei sowieso schon wissen und wollen. Auch die früherer
Religion der Galater war, so die Archäologie, keine Elementenkult,
dies also kein Rückfall im genannten Sinne.
Es geht nur hervor: Paulus bezeichnet das Verhalten der Galater als
Rückfall in ihr früheres Heidentum und qualifiziert dies als
Elementendienst ab, Gal48ff ist also keine religionsgeschichtliche Charakteristik,
sondern ein theologisches Urteil.
Paulus übernimmt die spätjüdische Vorstellung von der
Gesetzgebung durch Engel, aber im Gegensatz zur Tradition mit dem Ziel,
den nichtgöttlichen Ursprung des Mosegesetz herauszustellen. Engel
sind für ihn “Götter, die von Natur keine sind” Gla48. Beides
Gesetz und Engel subsumiert er unter dem Begriff “Elemente der Welt”.
Bestreitung des Apostolats des Paulus Gal11,11-12: Diese sei “nach
Menschenart”, Paulus sei kein Offenbarungsempfänger des Messias Jesus
gewesen, können sich daher nicht mit den Jerusalemern messen. Paulus
verteidigt sich mit der Unabhängigkeit von den Jerusalmer Autor(in)itäten,
indem er seine Gleichrangigkeit mit ihnen betont und den Offenbarungscharakter
seiner Botschaft, die von den Jerusalmer Säulen anerkannt worden seien.
4.2 Historische Einordnung
Mehrere Hypothesen
4.2.1 Die Gegner sind Judenchristen streng gesetzlicher Observanz,
sogenannte “Judaisten”, im Gegensatz zu den weniger strengen Judenchristen..
Sie seien sogar Teil einer großangelegten judaistischen Gegenmission
gegen Paulus, organsiert von Petrus, die auch in Korinth und Philippi ihre
Spuren hinterlassen hat. Aber: Die Lage ist viel komplizierter, Antithese
Paulinismus-Judaismus ist zu einfach. Paulus und Jakobus sind kaum dafür
verantwortlich, selbst wenn sich einige auf die Jerusalemer Urapostel berufen
sollten.
Man hat Verbindung gelegentlich ganz geleugnet (“falsche Brüder”
auf dem Apostelkonzil Apg24)
Beschnittene Heidenchristen des vorpaulinischen Typs
Antiochenische Heidenchristen, die sich auf die Seite des Petrus geschlagen
haben.
Problemanzeige: Wie ist das Verhältnis der Paulusgegener zu den
Jerusalemer Uraposteln? Sie werfen Paulus vor, sein Apostolat sei nach
“Menschenart” Gal11,11-12
4.2.2 Zweifrontenhypothese: Einerseits judaistische Nomisten, andererseits
pneumatische Libertinisten ( Gal515,17 deutet eine Spaltung auch unter
den Gegnern Pauli an), Lasterkatalog als Beweis für das Vorhandensein
von Libertinisten. Aber: Wo Libertinismus auftrat, hat Paulus viel
stärker gekämpft. Paränes ist ebenso niemals aktuell motiviert.
Und: Paulus wechselt nie die Adresse, sondern redet allgemein von der Gemeinde
in Galatien.
4.2.3 Pauli Gegner seien nur pneumatische Libertinisten gewesen (These
Schmidthals). Judaisten habe es überhaupt nicht gegeben. Schmidthals
meint, Paulus sei nur ungenügend über seine wahren Gegner informiert
gewesen, darum habe diese Hypothese so wenig Anhalt im Galaterbrief selbst.
Aber: “Die Prämisse: Paulus ist schlecht informiert, Schmidthals aber
ist bestens informiert, und zwar durch den Galaterbrief des schlecht informierten
Paulus, ist indiskutabel”
5. Schluß
Judaistenhypothese bietet beste Erklärungsmöglichkeit, nicht
in der “klassischen Ausprägung”, sondern unter Anerkennung er erwähnten
Unsicherheiten:: es ging um den Versuch einer judenchristlichen Richtung
(und ihre Anhänger unter den Heiden), das jüdische Gesetz auch
für die Heidenchristen verbindlich zu machen, dies geht aus den Quellen
eindeutig hervor. Ob es mehr als ein Analogon zu den Vorfällen am
Apostelkonzil oder in Antiochia war Gal211-14, d.h. auch personelle Verbindungen
gab, ist unsicher.
1. Korintherbrief
1.Aufbau und Inhalt
1Kor11-3 Präskript
1Kor14-9 Porömuim
1Kor110-421 Parteienstrietigkeiten
1Kor110-17 Die Sachlage
1Kor118-25 Die Torheit der Kreuzespredigt
1Kor26-16 Die Weisheitspredigt des Paulus
1Kor3 Die Torheit des Parteienwesens
1Kor4 Persönliche Auseinandersetzung
1Kor5-6 Sittliche Mißstände in der Gemeinde
1Kor51-8 Ein Fall von Bllutschande
1Kor59-13 Stellung zu den Unzüchtigen überhaupt
1Kor61-11 Prozessieren von Christen vor heidnischen Gerichten
1Kor612-20 Unzucht
1Kor7 Beantwortnug von Fragen asketischer Tendenz
1Kor71-24 Ehe, Ehelosigkeit, Scheidung
1Kor725-38 Über die “Jungfrauen”
1Kor739-40 Über Wiederheirat vor Witwen
1Kor81-111 Fragen betreffs Genuß von Götzenopferfleisch
1Kor8 Antwort unt dem Gesichstpunkt der Liebe, nicht der Erkenntnis
1Kor9 Exkurs: Paulus als Vorbild des Rechtsverzichts
1Kor101-111 Theologische Behandlung der Frage
1Kor101-13 Das warnenede Beispiel der Wüstengeneration
1Kor1014-22 Opfermahl und Herrenmahl
1Kor1023-111 Freiheit, Gewissen und Liebe
1Kor112-34 Mißstände in der Gemeindeversammlung
1Kor1112-16 Verschleierung der Frauen beim Gottesdienst
1Kor1117-34 Mißstände betreffs Geistesgaben
1Kor12-14 Fragen betreffs Geistesgaben
1Kor121-3 Das Kennzeichen des Geistes
1Kor124-31 Die Einheit der Kirche
1Kor124-11 Der einheitliche Ursprung der Charismen
1Kor1212-27 Die Kirche als der Leib Christi
1Kor1228-31 Anwendung
1Kor13 Die Liebe als Kritik und Norm aller Charismen
1Kor14 Der Aufbau der Kirche als Aufgabe dre Charismen, exemplifiziert
am Zungenreden und Prophezeien
1Kor15 Die Auferstehung der Toten
1Kor151-11 Grundsätzliche Einleitung
1Kor1512-34 Das Daß der Totenauferstehung
1Kor1535-58 Das Wie der Totenauferstehung
1Kor161-18 Persönliche Mitteilungen
1Kor161-4 Anordnung über die Kollekte
1Kor165-9 Reisepläne
1Kor1610-11 Empfehlung des Timotheos
1Kor1612-18 Mitteilungen über Mitarbeiter
1Kor1619-24 Briefschluß
1Kor1619-20 Grüße
1Kor1621-24 Eigenhändiger Gruß des Paulus
Paulus hat schon vor dem 1Kor ein Schreiben nach Korinth gerichtet 1Kor59, das vor Unsittlichkeit warnte und nun pärzisiert wird. Häufiger Themenwechsel, aber gewisser einheitliche Faden durch Kreuzestheologie unter ethischem und ekklesiologischen Aspekt und Bezug auf gemeinchristliche Formeln:
2. Anfänge der Gemeinde
2.1 Apostelgeschichte
Paulus kam aufder zweiten Missionsreise nach Korinth, um ca. 50. Nach
Apg181-18 trifft er dort Aquila und Priscilla, lebt und arbeitet bei ihnen
als Zeltmacher. Beginnt die Mission in der Syagoge, trennt isch aber von
iht, als der jüdischeWiderstand dagegen zu groß wurde Apg186.,
Apg1346. Paulus setzt seine Missionstätigkeit in einen am die
Synagge angrenzeden Haus, das dem Titius Justus, einem Gottesfürchtigen,
gehört, fort. Der Sysagogenvorsteher Cripsus und sein Haus werden
Christen, darurch kommt es zur BEkehrun vieler Karinther. In der Gallioszene
Apg1812-17 erheben die Juden Anklage gegen Gallio wegen gesetzeswidriger
Religionspropaganda, sie werden aber von den Römern abgewisen und
der Synagogenvorsteher Sosthenes wird vom Mob verprügelt. Die Dauer
der Wirksamkeit Pauli: ca, eineinhalb Jahre.
2.2 Innergemeindliche Verhältnisse
Nicht viele Vornehme, die meisten aus dem Heidentum. Die Reichen
hatten eine wichtige Stellung, da sie ide Häuser zur Verfügung
stellten 1Kor1120ff. Paulus spricht von vielen Kranken und Todesfällen,
dies setzte eine gewissen Größe voraus und di Notwendigkeit
einer organistatorischen Ordnung. Nach PalusWeggang ging die Mission durch
Apollos und (den Anhängern des) Kephas weiter, was zu Spannungen führte.
3 Die Veranlassung des 1Korintherbriefes
3.1 Hellenistischer Pneumatismus
Hochgesteigertes Bewußtsein dre Geiserfahrung und es Geistbesitzes,
das den Pneumatikern unmittelbat mit dem erhöhten Christus verbindet
und ihn dfager über die welt und irdische Dinge erhebt. Dies reif
bei anderen Minderwertigkeitsgefühle uund widerspruch hervor. Pneumabesitz
verlieh besondere “Weisheit” und Erkenntnis 1Kor128,122,21,81, d.h. die
erlösende Gnosos. Für den Pneumatiker ist das Fleich Vergänglichkeit
und das ewige Leben Gegenwart. Daher auch die Leugnung der leibliche auferstehung
1Kor48. Sie ist im Pneuma bzw in der Gnosis schoon vorweggenommen, vielleicht
auch in der Taufe (Vikariatstaufe stellvertretend für Angehörige
1Kor1521) Offenbar magischs Sakramentsverständis: sie feine angeblich
vor dem Tod, wogegen Paulis polemisiert 1Kor101ff. Die Pneumatiker wähnten
sich frei von den Pflichten der Welt pavnta (moi) e[xestin ist das Stichwort
1Kor612,1023.
3.2 Asketische Richtung
Sie negiert die Sexualität: Ehen werden aufgelöst und verneint.
Dieses Problem wurde Paulus zur Lösung vorgelegt.
Ein weiteres Problem ist die Einstellung der Straken und der Schwachen
zum Götzenopferfleisch.
3.3 Parteiungen in Korinth
Paulus setzt sich nicht mit den einzelnen Inhalten der Parteine auseinander,
sondern bekämpft das Parteientreiben grundsätzlich 1Kor110-421
und spricht immer die ganze Gemeinde an.
3.3.1 Wer ist die Christuspartei?
Die Thesen der ironisierende Überbietung der anderen umlaufeneden
Parolen und, daß Paulus, Kephas und andere Leute wollen natürlich
zu Christus gehören, Paulus schiebt diese Zugehörigkeit nach,
um zu zeigen, wie unpasend die Eigentumserklärungen an Menschen sind,
weil sie Menschen Gott gleichsetzen, bieten wohl zusammen die beste Erklärung,
denn im weiteren Kontext gibt es keine Stelle, die als Anspielung uaf die
Chrsituspartei verstanden werden könnte, denn spätesens da wäre
eiine eneriger Abefertigung fällig gewesen, sollte eibne Grupppe Christus
exklusiv beanspruchen.
3.3.2 War Kephas direkt in Korinth?
Es ist nicht ausgeschlossen. Dafür spricht die BEdeutung des Täufer
für doe Getauften 1Kor112ff.
Das VErhältnis der Paluspartei zur Kephaspartei war wohl nicht
so schwierig, dagegen von der Kephaspartei zu de anderen offebar scohn.
Paluserwähnz nir rin hutes Verhältnis zu Petrus, das heir ja
unschätzbarewn Wert hätte: Petri Anspruch als ereter Auferstehungzeuge
1Kor155 und Felsentitel Mt118-19, dagegen polemisiert Palus in 1Kor311.
3.3.3
Die Eigenart der einzelnen Parteien: Offenbar analog zu den Mysterienkulten:
Der Msytee nennt sich nach dem Mystagogen, der ihn eingewwiht hat.
Die Anschauungen der einzelnen Parteien lassen scih nicht rekonstruieren.
Die Apstoloizität Pauli stand offenbar in Frage 1Kor91ff.
Der Breif der Gemeinde an Paulus war offenkundig von den “Starken”
verfasst erkenntlich aus den entnommenen Zitaten 1Kor81ff.
Palus spricht den Korintern die Kategorien wie Pneuma, Gnosis/Sophia
und Exousia keineswegs ab, beseitigt aber falsche Einstelungen dazu.
Äußere Einflüsse, etwa gnostische Missinare, sind demnach
für das Aufkommen der Spannungen nicht auszumachen. Eine Vollstandige
Rekonstruktion sit freilich unmöglich.
Paulus zeigt, daß des Evangleui das Wort vom Kreuz ist. Er zeigt,
wie dieses Wort vom Kreuz die Geistesgaben und die Freiheit begründet
und begrenzt. er mißt die Phänomene in Kortinh daran, wie sie
zur oijkodomhv der Gemeinde beitrage, ohen sei elemieren zu wollen, sondern
versucht sie zu integrieren, als letzte Norm der ajgavph.
4. Einheitlichkeit
In 1Kor59 ist ein erster Breif erwähnt und im 2Kor23-4 sit der
Tränenbrief erwähnt.
Die Veröffentlichung weit über Korinth hinaus 1Kor12a ist
ein Motiv für eine mögliche Breifkompostion. Die Teilungshypothesen
von J. Weiß, alle anderen sind von ihm abgeleitet.
Der zweite Korintherbrief
1. Aufbau und Inhalt
2Kor11-2 Präskript
2Kor13-11 Proömium
2Kor112-213 Verteidigung
2Kor112-14 Der Ruhm des Paulus, sein gutes Gewissen
2Kor115-24 Reisepläne
2Kor25-11 Das Verhalten gegen seinen korinthischen Beleidiger
2Kor212-13 Die Sehnsucht des Paulus nach den Korinthern
2Kor24-74 Das apostolische Amt
2Kor214-46 Die parrhsiva des Paulus
2Kor214-17 Das Thema: Die Frage nach der apostolischen iJkanovthß
2Kor31-6 Das Kriterium der apostolischen iJkanovthß
2Kor37-18 Die Charakteristik der dikoniva
2Kor41-6 Die Durchführung der parrhsiva im apostolischen
Wirken
2Kor47-610 Die Verborgenheit der dovxa des Apostels und des Evangeliums
2Kor47-510 Die Verborgenheit der zwhv in der Gegenwart
2Kor47-18 Die zwhv im qavnatoß
2Kor51-10 Die Bestimmtheit der Gegenwart durch die Zukunft
2Kor511-610 Die Offenbarung der zwhv in der Verkündigung
2Kor511-19 Verkündigung des Anbruchs der neuen Schöpfung
2Kor520-610 Die Ausübung der Verkündi-gung
2Kor611-74 Bitte um Verständnis
2Kor75-16 Ankunft des Titus. Versöhnung mit Korinth
2Kor8
2Kor9 Empfehlung der Kollekte
2Kor10-1310 Polemische Auseinandersetzung über das apostolische
Amt
2Kor101-11 Die pepoivqhsiß des Paulus
2Kor1012-1218 Die tovlma des Paulus
2Kor1012-18 Der Maßstab des Rühmens
2Kor111-21 Bitte des Paulus, sein Rühmen auszuhalten
2Kor1122-1218 Vollzug des Rühmens
2Kor1122-33 Selbstruhm nach dem Fleisch
2Kor121-10 Ruhm der Schwachheit
2Kor1211-18 Schluß
2Kor1219-1320 Drohender Hinweis auf seinen dritten Besuch in
Korinth
2Kor1311-13 Briefschluß
2. Vorgeschichte
2.1 Ungefähre Rekonstruktion der Ereignisse:
Die Sendung des 1Kor und des Timotheos war offenbar ein Erfolg.
Paulus hat seinen Plan, nach Pfingsten von Ephesus nach Korinth zu
reisen 1Kor165-7 geändert, den Titus wegen der Kollekte nach Korinth
geschickt und der Gemeinde brieflich oder mündlich seinen veränderten
Reiseplan (Ephesus-Korinth-Makedonien-Korinth) 2Kor113-17 mitgeteilt.
Nachdem Titus erfolgreich zu Paulus zurückgekehrt war, kam es
zur Zuspitzung in Korinth:
Heftige Agitation gegen Paulus setzte ein,
Paulus reiste dorthin und erlebte eine schwere Niederlage, kehre nach
Ephesus zurück und schreib den Tränenbrief und sandte Titus,
danach geriet Paulus in “große Lebensgefahr”, verließ Ephesus
und zog über Troas nach Makedonien,
dort erhielt er durch Titus die guten Nachrichten und schreib den Versöhnungbrief
nach Korinth.
2.2 Die innere Situation der Gemeinde
Die Gegner Pauli waren offenbar Ortsfremde 2Kor114,1012-18 und haben
sich mit “Empfehlungsbriefen” Einlaß verschafft 2Kor31 und
richten Vorwürfe gegen Paulus:
Er sei in seinen Briefen mutig und energisch, in personam aber schwächlich
und seine Rede nichts wert 2Kor1010 und er sei ein Laie der Rede 2Kor116.
Die “Schwachheit” (gegnerisches Schlagwort 2Kor1121) enthülle
sich auch in der Unfähigkeit, die “Zeichen des Apostels zu vollbringen”
2Kor1212 und mit Begabungen, Ekstasen und Gesichten aufzuwarten. Zudem
fehle ihm ein legitimierender Auftrag 2Kor1013-14, er könne kein Empfehlungsschreiben
vorweisen 2Kor31, statt dessen empfehle er sich selbst 2Kor1018 und rühme
sich selbst maßlos 2Kor1013. Die Polemik spricht nicht nur die Apostelwürde,
sondern die Christlichkeit überhaupt ab 2Kor107 und wandle nach dem
Fleisch. Die Kritik an er Änderung seiner Reisepläne 2Kor113-14, Unterstellung
von Hinterlist und Berechnung; Die Verdächtigung er unterschlage Kollektengelder
zur eignen Bereicherung 2Kor1217ff.
2.3 Wer sind die Gegner?
Sie rühmen sich einwandfreier jüdischer Abstammung,
sie beanspruchen für sich alles, was sie Paulus absprechen: Legitimation
von außen, Pneumabesitz, “zeichen des Apostels”.
sie verkünden offenkundig eine christliche Häresie (2Kor410-14,516-21
Auseinandersetzung mit der gegnerischen Christologie)
Eine Zuordnung zu bekannten Richtungen ist schwierig:
Judaisiten wie Gal116?
Aber: Paulus bekämpft nicht die typischen judaistischen
HErausforderungen
Abgesandte der Jerusalemer Urgemeinde, verbinden Tradtionalismus mit
Pneumatismus,
aber: exegetisch nicht haltbar.
Judenchristliche Gnostiker wie in 1Kor,
hellenistisch-judenchristliche qei`oi a[ndreß, ´
aber: die Schilderung ihrer Missionsmethode basiert auf jüdischen,
heidnischen und ande - ren christlichen Quellen.
Offenkundig waren es judenchristliche Gnostiker bzw gnostisierende
Pneumatiker ähnlich denen in 1Kor. Sie sahen ihre Hauptaufgabe offenbar
im Kampf gegen Paulus, denn der dominiert gegenüber dem üblichen
gnostischen Individualismus.
3. Die Frage nach der literarischen Einheit
2Kor1-7 wird in2Kor213 unterbrochen, das nahtlos in 2Kor75 fortgesetzt
wird. Aber auch 2Kor614-71 zerreißt den Zusammenhang von 2Kor213-74.
2Kor8 und 2Kor9 können nicht demselben Brief angehören; In
2Kor81ff sind den Korinthern die Makedoniern und in 2Kor92ff den Makedoniern
die Korinther ein Vorbild.
2Kor10-13 passen schwerlich zum Inhalt und Stil des restlichen Briefes.
Man hat angenommen, Paulus habe vielleicht verschiedene Parteien einzeln
angesprochen, aber Paulus hat immer nur die ganze Gemeinde angesprochen.
Der Brief ist im ganzen uneinheitlich, die einzelnen Abschnitte aber
verständliche Sinneinheiten, also handelt es sich um eine Komposition.
Wahrscheinlich
3.1 Briefkomposition
3.2 Kompositionskriterien
2Kor10-13 steht deshalb am Schluß, weil in der urchristlichen
Literatur die Warnung vor falschen Propheten und Lehrern oft am Ende einzelner
Schriften steh: Die aktuelle Polemik Pauli erhält durch diese Stellung
einen eschatologischen Akzent.
Die Apologie 2Kor112-213 steht an der Stelle, wo Paulus über Troas
nach Makedonien geht. Die Reise soll offenbar auch im Lichte des “Triumphes
des Völkerapostels” stehen.
Das Kollektenkapiteln sind einfach aus inhaltlichen Gründen aneinandergefügt.
4. Abfassungsverhältnisse
Der Tränenbrief wurde in Ephesus im Herbst desselben Jahres
oder im Frühjahr des nächsten Jahres nach dem 1Kor geschreiben,
also im Herbst der Jahre 54-56 oder im Frühjahr der Jahre 55-57.
Der Versöhnungsbrief wurde auf jeden Fall im Jahr nach dem 1Kor
von einer Gemeinde in Makedoniens aus , d.h. im Spätherbst der
Jahre 56, 57, 58 geschrieben. Danach reiste Paulus nach Korinth und blieb
drei Monate dort Apg202-6.
Der Erfolg in Korinth war offenbar dauerhaft, Korinth wurde zum
Zentrum der kirchlichen Rechtgläubigkeit.
Der Philpipperbrief
1. Inhalt
Phil11-2 Präskript
Phil13-11 Proömium
Phil112-31 Der Apostel und die Gemeinde
Phil112-26 Bericht über die Situation des gefangenen Paulus
Phil112-14 Fortschritt der Verkündigung
Phil115-20 Freunde und Feinde Pauli
Phil121-26 Stand des Prozesses
Phil127-218 Mahnungen
Phil127-25 Mahnungen zu christlichem Wandel, Eintracht und Demut
Phil26-11 Christushymnus
Phil212-18 Mahnung zum Kampf um das Heil
Phil219-20 Empfehlungen des Timotheos und des Epaphroditos
Phil31 Übergang zur Paränes; Mahnung zur Freude
Phil32-43 Polemik gegen Irrlehrer
Phil32-3 Polemik
Phil34-14 Der Apostel als Jude und Christ
Phil315-41 Warnung vor Irrlehrern
Phil42-3 Persönliche Einzelermahnungen
Phil44-9 Paränese
Phil410-20 Dank für eine Geldsendung der Philipper
Phil421-23 Briefschluß: Grüße und Segenswunsch
2. Paulus und die Gemeinde im Philippi
Die Gemeinde in Philippi war die erste Gemeinde, die Paulus in Europa
gegründet hat, etwa um 48/49, während seiner zweiten Missionsreise.
Paulus wurde dort verfolgt 1Thess22, wird von der Purpurhändlerin
Lydia freundlich aufgenommen. Das Verhältnis der Philipper zu Paulus
und umgekehrt war offenkundig immer sehr gut gewesen. Die Gemeinde sandte
ihm mehrfach Geldspenden nach Thessalonike Phil415-16, nach Korinth 2Kor119
und kurz vor der Abfassung des Philipperbriefs an den Ort seiner Haft Phil410-11.
3. Die Frage nach der literarischen Einheitlichkeit
Stilbrüche:
Phil31 Mahnung zur Freude und Phil32-43 Ketzerpolemik. Die Erklärungsversuche
mit einer Diktierpause sind schwach, denn es ist eine andere Gemeindesituation
vorausgesetzt.
Phil410-20: Dank Pauli für die von Epaphroditos überbrachte
Gabe: Paulus hat sich doch offenbar schon bedankt, bevor Epaphroditos schwer
erkrankte und Paulus ihn nach seiner Genesung zurückschickte, und
nicht erst so lange Zeit damit gewartet.
Phil44-9 ist wohl die Fortsetzung von Phil31. Es folgt der Briefschluß.
Nach Polykarp von Smyrna hat Paulus mehrere Briefe nach Philippi geschreiben.
Die Redaktion fand in Philippi, nicht in Korinth statt und zwar vor der Redaktion des zweiten Korintherbriefs. Dabei ging sie sehr konservativ vor, so daß nur das briefliche Rahmenwerk entfernt wurde.
4. Anlässe und Zwecke, Situation der Korrespondenten
Brief A: Dankschreiben, Phil410-20: Dank für die Geldspende der
Philipper, Paulus ist gefangen.
Brief B: Das große Schreiben, Phil11-31 und Phil44-9,21-23: Paulus
will die gemeinde über seine Lage unterrichten, sie in ihrer Verfolgungssituation
ermutigen und ihnen Timotheos und Epaphroditos empfehlen. Er ist gefangen,
sein Prozeß schleppt sich hin. Offenbar waren es Verfolgungen durch
römische Behörden, wenn er seine Verfolgung mit denen der Philipper
parallelisiert. Der Gegenstand der des Prozesses ist unbekannt. Sein Evangeliumsauftrag
kann nicht der Grund gewesen sein, sonst wäre die lebhafte Mission
in der Umgebung Pauli nicht möglich gewesen. Sowohl von Freunden wie
von Gegnern wurde missioniert. Paulus unterstellt ihnen zar unlautere Motive,
kann ihnen aber nicht absprechen, daß sie als Christen verkündigen.
Er betont, daß er zur Verteidigung des Evangeliums bestimmt sei Phil112-13,
während andere, auch Christen, die Anklage und die Verkündigung
trennen wollten, damit die Verkündigung keinen Schaden nehme.
Brief C: Die Ketzerpolemik, Phil32-43: Die Veranlassung ist das Auftreten
von Irrlehrern in Philippi. Man kann sie als judaisierende Gnostiker jüdischer
Herkunft bezeichnen: Sie propagieren die Beschneidung, das Gesetz, die
Vorzüge Israels Phil33ff. Sie bezeichnen sich als tevleioi, Vollkommene
Phil312 sowohl in der Werkgerechtigkeit als auch in der als schon gegenwärtig
geglaubten Auferstehung: Verbindung von Nomismus und Enthusiasmus. Phil317
bezieht sich auf die Einhaltung von Speisegeboten. Ein Kultischer Einschlag
fehlt jedoch, was auf gnostische Einflüsse hindeutet.
5. Ort und Zeit der Abfassung
Wo war Paulus gefangen und in großer Gefahr? Die Apostelgeschichte
berichtet nur von einer kurzen Verhaftung in Philippi und jeweils von zweijährigen
Gefangenschaften in Caesarea und Rom.
Rom-Hypothese: Altkirchlich Phil113,422 paßt auf Rom , ebenso
die Situation wie in Apg2830-31! Aber: die Reisepläne - Paulus will
nach Spanien reisen Röm1524,28 - widersprechen der Absicht nach Philippi
zu reisen Phil126. Und: die große Entfernung zwischen Rom und Philippi,
widersprechen dem lebhaften Hin und Her Phil225ff
Caesarea-Hypothese: Angaben der Apostelgeschichte über die
Haft Pauli passen besser zu den Angaben im Philipperbrief. Die Apologie
Phil17 ist womöglich ist Apg24 zu identifizieren. Die Kollision mit
der Spanien-Reise entfällt. Aber: auch hier spricht die Entfernung
gegen einen regen Austausch.
Ephesus: Problem ist, daß eine ephesinische Gefangenschaft Pauli
nirgends erwähnt wird. Die Gründe, die dafürsprechen sind:
Paulus war dort wegen seiner Verkündigung in großer Gefahr 1Kor1530ff
und vor allem 2Kor18ff. Priscilla und Aquila hat laut Röm163f sich
für Paulus eingesetzt, die laut 1Kor1619 in Ephesus bei Paulus waren.
Auch der lebhafte Verkehr zwischen Ephesus und Philippi spricht für
Ephesus als wahrscheinlichstem , aber nicht sicheren Abfassungsort.
Abfassungszeit läge dann zwischen Tränenbrief und dem Versöhnungsbrief
nach Korinth, in der Situation der qli`yiß 2Kor18, Phil414
Brief C dürfte später in ephesus oder Troas verfaßt
worden sein. Offenbar hatte Paulus bei seiner Ankunft in Makedonien mit
Irrlehren zu tun.
Der Römerbrief
nimmt eine Sonderstellung ein unter den echten Paulusbriefen: Es ist
an eine Gemeinde gerichtet, die nicht von Paulus oder seinen Schülern
gegründet worden war und der Brief beschäftigt sich nicht
oder nur zum Teil mit aktuellen Fragen der Adressaten und entfaltet satt
dessen thematisch und systematisch das paulinische Verständnis des
Evangeliums, der Lehrgehalt überwiegt klar die Korrespondenz.
1. Abfassungssituation
Paulus schreibt den Römerbrief vermutlich als letzten Brief an
einem Wendepunkt seines Lebens: Im Osten “hat er keinen Raum mehr” Röm1519-25
und ist damit am Ende seiner wirksamkeit im Osten angelangt. Der Römer
gehört zeitlich an das Ende der dritten Missionsreise Apg201-5. Korinth
wird als Abfassungsort angenommen (nach Apg202f war Paulus drei Monate
in Hellas). Sein Gastgeber ist Gaius Röm1623 wird gerne mit einem
von Paulus getauften Korinther identifiziert 1Kor114. Abfassungszeit also
frühestens 56, spätestens59.
2.Inhalt und Aufbau
Röm11-17 Eingang
Röm11-7 Präskript
Röm18-17 Proömium
Röm116-17 Thema Die Gottesgerechtigkeit aufgrund des Glaubens
Röm118-1136 1. Hauptteil
Röm118-839 Die Gottesgerechtigkeit aufgrund des Glaubens
an Jesus Chris-tus
Röm118-320 Die Notwendigkeit der Gottesgerechtigkeit: der
Zorn Gottes
Röm118-32 Der Zorn Gottes über den Heiden
Röm21-38 Der Zorn Gotts über den Juden
Röm39-20 Der Zorn Gottes über die ganze Menschheit
Röm321-425 Die Verwirklichung der Gottesgerechtigkeit durch
Jesus Christus
Röm321-31 These und Entfaltung
Röm4 Schriftbeweis
Röm5-8 Die Wirklichkeit der Gottesgerechtigkeit in der
gläubigen Existenz
Röm5 Die Freiheit vom Tode
Röm6 Die Freiheit von der Sünde
Röm71-6 Die Freiheit vom Gesetz
Röm77-25 Exkurs: Die Bedeutung des Gesetztes
Röm8 Die Freiheit der Kinder Gottes
Röm9-11 Die Gottesgerechtigkeit und das Schicksal Israels
Röm91-29 Die Gottesgerechtigkeit in Israels Erwählung
und Verwerfung
Röm930-1021 Israels Schuld als Ungehorsam gegen die Gottes-gerechtigkeit
Röm11 Das Ziel der Verstockung und die Erlösung Israels
Röm121-1513 2 Hauptteil: Mahnungen
Röm12
Röm13 Paränese
Röm121-2 Grundlegung: die Umwandlung des Seins
Röm123-21 Allgemeine Ermahnungen
Röm131-7 Verhalten zur Obrigkeit
Röm138-10 Liebesgebot
Röm1311-14 Motivierung durch die Nähe des Endes
Röm141-15 Mahnung zur Einigkeit an die “Starken und “Schwachen”
Röm1514-1633 Briefschluß
Röm1514-32 Persönliche Mitteilungen über die Pläne
des Paulus
Röm1533 Schlußgruß
Röm16 Anhang
Röm161-2 Empfehlung der Phoibe
Röm163-16 Grüße
Röm1617-20 Ketzerpolemik
Röm1621-23 Grüße
Röm1625-27 Doxologie
3. Römische Gemeinde
3.1 Entstehung der Gemeinde
Die Entstehung der Gemeinde liegt im Dunkeln, Wahrscheinlich Anfang
der 50er Jahre, da Paulus sie seit “einigen Jahren besuchen will”. Nach
der Notiz Apg182 hat Paulus zu Beginn seines Aufenthalt in Korinth 49 oder
50 das Ehepaar Aquila und Priscilla kennengelernt, das “kürzlich von
Italien gekommen war, ... weil Claudius angeordnete hatte, daß alle
juden sich aus Rom zu entfernen hätten” Aquila und Priscilla war schon
bei ihrer Vertreibung Christen, da nirgends ihre Bekehrung erwähnt
wird und die Apg sie als Christen kennzeichnet. Apg1818ff,26ff. Paulus
bezeichnet aber Stephanas und sein Haus als “Erstbekehrte” von Achia
1Kor1615, dann hat es zur Zeit des Claudiusedikts 49 eine Christengemeinde
in Rom gegeben.
Der Christusglaube kam vielleicht durch römische Juden nach Rom,
die bei Pilgerfahrten und großen Festen in Jerusalem bekehrt worden
sind, vielleicht auch durch hellenistisch-jüdische Missionare aus
dem Stephanuskreis.
D.h. es gab seit etwa 40 und danach Christen in Rom, die sich im Synagogenverband
befanden. Dort kam es bald zu Widerspruch und fortwährenden Unruhen.
Das Claudiusedikt traf weder Juden noch die Christengemeinde als völlig
vernichtender Schlag. Offenkundig gab es um Mitte 50 schon wieder eine
lebendige Christengemeinde. Es hatte aber die Folge, daß es den jüdischen
Einfluß´für einige Jahre ausgestaltet und die Trennung
zwischen Synagoge und christlicher Gemeinde beschleunigt, die Christengemeinde
aber auch von Heiden zulauf bekam. Zur Zeit des Römerbriefes bestand
offenbar keine Synagogengemeinschaft mehr.
3.2 Die Situation der Gemeinde zur Abfassungszeit des Römerbriefes
Paulus redet die römische Gemeinde als Heidenchristen an. Allerdings
modifiziert der Römerbrief selbst dies Anrede. Ginge man von der DArlegung
des Briefes aus, so müßte man meinen, sie seien Judenchristen
gewesen: Reichlich Schriftzitate, Schriftbeweise, Benutzung judenchristlicher
Formeln Röm13f,324f,425,9-11! und die direkte Anrede an die Juden
Rön217, Abraham als Vater nach dem Fleisch Röm41. Aber:
Das AT war ja auch das heilige Buch der Urchristen. Es ist dennoch nicht
auszuschließen, daß die Gemeinde gemischt war, Paulus behandelt
sie freilich de iure heidenchristlich.
Kontert ging es um das Verhältnis der Starken zu den Schwachen
Röm141-153. Nichts in dem Passus weist darauf hin, daß es sich
um die Geltung des jüdischen Gesetzes handelt, vielmehr offenbar um
eine ritualisierte Askese.
4. Der Abfassungszweck
Zweck ist die Ankündigung und Vorbereitung des schon lange geplanten
Besuches des Apostels in Rom. Paulus will den römischen Christen “
eine geistliche Gabe mitteilen”, will “auch in Rom das Evangelium verkünden”,
um auch bei ihnen “einige Frucht zu erlangen” Röm110-15.
Sein Ziel ist Spanien, wo er missionieren will Röm1523f, er hofft,
von den Römern bei der Mission unterstützt zu werden. Er will
das Vertrauen der Römer gewinnen, da sei ihm ja nur vom Hörensagen
kennen, damit sie ihn unterstützen.
Paulus sah nur zwei Schwierigkeiten bei seinem Besuch:
Das Nichteinmischungsprinzip, das er sich selbst auferlegt hat 2Kor1015f.
Paulus begründet sein Recht, in Rom das Evangelium zu verkünden,
damit, daß die Römer heidenchristliche seine und er somit für
sie zuständig sei Röm1515-19, aber er betont, er wolle nur durchreisen,
um das Argument gleich wieder abzuschwächen Röm1524,28.
Der Römer spiegelt zweifellos die Auseinandersetzungen wieder,
die Paulus schon vor dessen Abfassung geführt hat Gal 2Kor3-6. Warum
sendet er sei nun als Referat nach Rom?
Paulus mußte damit rechnen, daß seine Gegner, die ihm bereits
in Jerusalem und seinen Missionsgemeinde zugesetzt hatte, auch in Rom Einfluß
gewonnen hatten. Diesem Einfluß wollte er entgegenwirken oder zumindest
ihm vorbeugen. aber die polemischen Äußerungen. Wenn er den Römern
seine Evangelium nahebringen wollte, mußte er auf alle mögliche
Einwände dagegen eingehen, um Mißdeutungen und falsche Konsequenzen
zu beseitigen oder zu verhindern: er vernichte das Gesetz durch den Glauben
Röm331, er halte das Gesetz für Sünde Röm77, er sei
ein Feind Israels9-11, vor allem, er lehre schrankenlosen Libertinismus.
Auf diesen hintergrund ist vielleicht auch seine Andeutung zu verstehen,
er habe “keinen Raum (tovpoß = Wirkungsfeld) in diesen Gegenden”Röm1523.
Er wird förmlich nach Westen abgedrängt. Damit sein Plan gelingt
und er die Hilfe bekommt, die er so dringend braucht, mußte er den
römischen Christen sein Evangelium und seine Lehre in extenso darlegen.
5. Der literarische und theologische Charakter
Der Römerbrief macht viel mehr den Eindruck eine Abhandlung als
den eines Briefes:
Der Römerbrief erörtert nicht in einer speziellen Kampfsituation. Seine Themen werden fast alle, außer dem Schicksal Israels Röm9-11 auch in andere Paulusbriefen gestreift. Er hat die früher einzeln behandelten Themen einem Hauptthema “Gerechtigkeit aus Glauben allein“ zu- und untergeordnet, “er entfaltet sein Evangelium im Römerbrief auf er Ebene prinzipieller Auseinandersetzung mit dem eigentliche Gegner, dem jüdischen `Heilsverständis und Heilsanspruch.” Daher auch das neue Thema, das Schicksal Israels, dies Selbstverständnis beeinflußte die Feindschaft der Juden wie der Judenchristen gegen Paulus, eine grundsätzliche Erörterung war fällig.
6. Fragen der Integrität
Das textkritische Problem der Doxologie Röm1625-27:
Die Doxologie ist kein sicherer Bestandteil der ältesten Paulusüberlieferung.
Es ist daher allgemein anerkannt, daß die Doxologie nicht von Paulus
stammt. Die unterschiedlichen Positionen der Doxologie dürfte die
Stellen markiert haben, an denen der Paulustext jeweils endete!
Die Zugehörigkeit von Röm16:
Es verwundert, daß Paulus in der ihm fremden Gemeinde so viele
Namen kannte, außerdem befinden sich unter den Gegrüßten
Menschen, die man eher im Osten, insbesondere in Ephesus lokalisieren würde,
z.B. Aquila und Priscilla Apg182,18f 1Kor1619, 2Tim419.
Die Auswertung von ½46 durch T.W. Mason:
Der Römerbrief hat von Anfang an in zwei Fassungen existiert:
der für Rom bestimmen Röm1-15 und der um Röm16 vermehrten
Kopie für Ephesus.
Die römische Fassung ist von Marcion um Röm15 gekürzt
worden, beide Textversionen bestanden aber fort.
Dann erfolgte die ‘Angliederung der Doxologie, zuerst an den verkürzten
Marcion-Text, dann an den integren Römerbrief-Text. Diese beiden fanden
Verbreitung.
In Ägypten wurden im 3. Jhd beide Fassungen kombiniert: am die römische
Fassung mit der Doxologie das Mehr an Text der ephesinischen Fassung Röm161-23
angegliedert wurde: ½46!
Der Kolosserbrief
1. Inhalt
Kol11-2 Präskript
Kol13-8 Proömium
Kol19-223 Die Herrschaft Christi über die Welt
Kol19-11 Fürbitte um Erkenntnis Gottes
Kol112-20 Christus, Schöpfer und Erlöser der Welt
Kol121-23 Mahnung zum Festhalten an diesem Evangelium
Kol124-25 Der Apostel als Diener des Evangeliums und der GEmeinde
Kol26-23 Warnung vor Irrlehrern
Kol26-15 Die Exklusivität der Herrschaft Christi
Kol216-23 Die Freiheit von “Satzungen”
Kol31-46 Paränese
Kol31-4 Begründung der Paränese
Kol35-17 Allgemeiner Teil
Kol318-41 Haustafeln
Kol42-6 Abschließende Mahnungen
Kol47-18 Briefschluß
Kol47-9 Persönliche Mitteilungen
Kol410-17 GRüße und Aufträge
Kol418 Eigenhändiger Gruß
2. Die Gemeinde von Kolossä
Die Christengemeinde ist nicht von Paulus gegründet worden.
3. Die Bekämpfte Irrlehre
Drei Charakteristika der Filosofiva Kol28:
3.1Die Weltelemente
stoicei` tou` kosmou` Kol28,20 sind nicht natürliche Grundstoffe,
sondern als Mächte und Gewalten vorgestellt und stehen mit den Engeln
in Beziehung bzw. sind mit ihnen identisch Kol218. Sie herrschen über
die Welt und die Menschen, offenkundig auch als Gestirnengel Kol216, verlagen
Verehrung, die in der Befolgungen bestimmter Satzungen besteht dovgmata
Kol220,14. Sie sind Zwischenmächte zwischen der materiellen und der
göttliche Welt, der Fülle plhvrwma Kol29, zu der die Menschen
emporstreben, um an ihr teilzuhaben plhrou`sqai Kol29, dazu ist die Verehrung
nötig. Ihr Verhältnis zu Christus ist unklar: Christus offenbar
als die höchste Spitze vorgestellt: Kol29 ist betont polemisch, ausschließlich
in Christus sei der Zugang zum Peroma möglich. Nach der kolossischen
Stoicheiaspekulation sind diese kosmischen Mächte die Herrscher und
Ordner des Alls und haben auch die Christen aus Gründen des eignen
Heils Verehrung zu zollen.
3.2 Die Verehrung
besteht im Befolgen bestimmter Satzungen: Festzeiten (mit kalendarischen
Observanz fügt man sich in die übergreifenden makrokosmischen
Ordnungen ein Kol216: Neumond und Sabbat), strenge Askese, sexuelle Abstinenz.
Dualistischer Charakter der “Philosophie”: Ablegen des Fleischleibes Kol211,
Freiwerdung von der widergöttlichen Materie und Reinigung des Ichs,
Aufstieg in Pleroma usw.
3.3 Soziologische Form
ist eine Mysterienform. Bezug auf eine Weihehandlung, ein Initiationsritus
Kol218, Schau der Engelmächte in visionärem Erlebnis.
Die Häretiker sehen das All von persönlich vorgestellten kosmischen Mächten durchwaltet und unterscheiden sich darin nicht vom übrigen Urchristentum. Aber sie verstehen diese Mächte als unausweichliches Geschick, dem auch der Christ ausgeliefert ist, und das Kreuz Christi nur als teil des Erlösungsgeschehens, nur als Tilgung der Schuld, nicht als Befreiung von dr kosmischen Knechtschaft. Dazu bieten sie mit ihrer Philosophie den ergänzenden Weg an. Sie ermöglichen eine Doppelmitgliedschaft in der Kirche und ihrem Mysterienverein. Es handelt sich also um eine Erscheinungsform der Gnosis in Form eines Mysterienkults.
4. Die Abfassungsverhältnisse
sind unklar. Paulus erwähnt im Kolosserbrief mit keinem Wort den
Besuch, den er im Philemonbrief in Aussicht gestellt hat, obwohl laut Briefrahmen
dieselben Abfassungsverhältnisse vorliegen wie im Phlm! Als Abfassungsort
wurden Rom, Caesarea und Ephesus vorgeschlagen, der gleiche Rahmen gibt
Ephesus eine gewisse Präferenz.
5. Frage der Verfasserschaft
5.1 Sprache und Stil
Es finden sich 34 Hapaxlegomena, es fehlen die Termini der Rechtfertigungslehre,
es findet sich ein seltener Partikelgebrauch, die Anrede “(meine) Brüder”
ist höchst ungewöhnlich für Paulus. Die Sätze sind
überlaufen durch eine Folge finaler oder konsekutiver Infinitive und
durch Partizipialkonstruktionen. Insbesonders der krasse Unterschied zum
Stil des Phlm fällt auf!
5.2 Theologie
5.2.1 Christologie erfährt durch und durch eine kosmische interpretation,
das Verhältnis Christi zum Kosmos ist, wie sonst nirgends bei Paulus,
Thema. Paulus kennt zwar durchaus die Bedeutung Christi für den Kosmos
(1Kor86 Schöpfungs- und Erlösungsmittler Phil210 erhöhter
Herr des Kosmos 1Kor44 wurde Christus von den Herrschern des Äons nicht
erkannt), aber sie war eine Nebenmotiv, im Kolosserbrief ist es aber die
Basis Kol115-20,210,15.
5.2.2 Haupt und Glieder. “Der Kolosserbrief bestimmt das Verhältnis
Christi zum Kosmos und zur Kirche gleicherweise als der des Hauptes zum
Leib.” (1Kor1221 ist das Haupt vielmehr ein Glied des Leibes neben anderen).
Christus ist “das Haupt jeder Macht und Gewalt”, aller kosmischer Mächte
Kol210, denn sie sind durch ihn geschaffen Kol116-17 und in ihm besiegt
Kol215. So spricht Paulus nicht; zwar ist auch nach ihm Christus der Herr
der Mächte Phil210, aber ihre Besiegung steht als eschatologisches
Ereignis noch aus 1Kor1524-26, und von einer Erschaffung der “Mächte”
durch Christus ist bei Paulus überhaupt nicht die Rede, denn
für ihn sind sie - mit Ausnahme der “Engel Gottes”- durchweg gottfeindlich
1Kor85 und daher kennt er ein positives Verhältnis zu den Mächten,
wie es das biomorphe Bild vom Haupt impliziert, nicht. Ferner spricht Paulus
in seiner Rede von der Kirche als dem Leib Christi nie wie Kol118 von Christus
als dem Haupt, obwohl er ihn als Herrn der Gläubigen bekennt.
Das sw`ma-kefalhv-Schema im Kolosserbrief und die sunavrqrwsiß
tou` lovgou bei Paulus sind Ausdruck verschiedener Auffassungen von Kirche.
Daß Christus das Haupt der Kirche Kol118 auch das Haupt der Mächte
Kol210 sei oder auch umgekehrt, ist für Paulus ein unvollziehbarer
Gedanke.
5.2.3 Apostolat. Die Aussagen über das Apostolat, insbesondere
die Leiden des Apostels Kol124 ist apokalyptisch, mystisch oder geschichtlich
zu denken, in jedem Fall ist gemeint, daß das, was Christus auf Erden
gelitten hat ergänzungsbedürftig sei. Dieser Gedanke vom Apostel
als dem Christus prolongatus widerspricht der Kreuzestheologie des Paulus
und kann nicht von ihm stammen.
5.2.4 Taufe Die Getauften sind nicht nur mit Christus begraben, sondern
auch schon mit ihm auferweckt worden Kol212,31 vgl Kol213 Aorist, während
Paulus von Auferweckungsglauben der Getauften immer im Futur spricht Röm64f,8.
Dies fundamentale Verschiebung läßt sich nicht durch den Hinweis
auf die Verborgenheit diese Lebens Kol33-4 und auf das dia; th`ß
pivstewß Kol212 abschwächen und als noch paulinisch erklären.
Die Theologie des Kolosserbriefes steht also in deutlich paulinischer Tradition, ist aber nicht nur wegen seiner Ketzerpolemik, anders als die des Paulus und weicht in wichtigen Punkten unvereinbar davon ab.
6. Literarischer und Theologischer Charakter
Literarisch ist der Kolosserbrief als Pseudepigaphon, aber auch als
aktuelle Kampfschrift zu verstehen. erweckt den Anschein der Echtheit,
indem er die Angaben des Phlm übernimmt, da Problem dabei ist, daß
der Kolosserbrief nicht an Kolossä gerichtet sein kann, sondern an
einen anderen Adressaten, weil die Personalangaben überholt waren.
Was der Autor(in) seien Mitchristen zu sagen hatte, war nicht spezielle kolossischer
(Erwähnung von Laodikeia und Hierapolis im brieflichen Rahmenwerk
Kol413)
Paulus ist für den Autor(in) der Apostel schlechthin, aber auch für
die angeschriebenen Christen. Er ergänzt die Paränese durch die
Haustafeln, ein zeichen fortgeschrittener Entwicklung
DEr Autor(in) teil mit den Adressaten religiöse, gnostische, weltanschauliche
Voraussetzungen, er muß nur den entscheidenen Unterschied in ihrer
Gemeinsamkeit herausarbeiten. Die Basis ist nicht die Fortführung
der paulinischen Theologie, sondern der Hymnus Kol115-20 und andere liturgische
Stücke, die aus der hellenistischen gemeinde Stammen und in paulinischen
Kreisen anerkannt waren. der Kolsserbrief dokumentiert auch eine zunehmende
Mythologisierung der paulinischen Schultradition. Kol112-20 ist vermutlich
ein liturgischer Text, Tauftext, der den Christushymnus enthält, und
dann Selbstdarstellung der Apostels in seiner Mittlerfunktion zwischen
Christus und Kirche wurde Kol124-25. Der Begriff eujanggevlion ist schon
an sich polemische Widerlegung der gegnerischen “Philosophie”.
Der Kolosserbrief interpretiert “das All” durch den Zusatz “das Sichtbare
und das Unsichtbare, seien es Throne...” und entzieht dadurch den so hoch
geschätzten Engelmächten jede Bedeutung.
Der Kolosserbrief interpretiert das “durch ihn” durch den Zusatz “durch
sein Kreuzblut, bindet damit das Heilsgeschehen an ein historisches Ereignis
und schließt gnostische Spiritualisierung und Individualisierung
aus.
Der Kolosserbrief interpretiert die Aussage, Christus sei das Haupt
des Leibes Kol128 (= Herr des Alls) durch den Zusatz “der Kirche”. Schlägt
vom kosmologischen ins Ekklesiologische um: Christus übt durch ihm
sich durch die Schöpfung gegebene Herrschaft über das All Kol115-16
als Herr der Kirche aus - eine implizite, aber noch radikale Ablehnung
der häretischen Auffassung von Christus.
Der Kolosserbrief ist ein wichtiges Zeugnis des innerkirchlichen Kampfes
gegen die christliche Gnosis. Er greift einerseits paulinische Motive auf
und baut sie aus, bereitet damit aber auch zwei ganz unterschiedlichen
Ausprägungen des Paulinismus vor: die spekulativ Ekklesiologie des
Ephesserbriefs, der die Christologie des Kolosserbriefs ausbaut, andererseits
die orthodoxe Christlichkeit der Pastoralbriefe, die das spekulative Moment
des Kolosserbriefs ausschalten.
Der Epheserbrief
1. Aufbau und Inhalt
Eph11-2 Präskript
Eph13-321 Proömium = 1. Teil: Das Geheimnis des göttlichen
Heilsplans: die Berufung der Heiden in die Kirche
Eph13-14 Lobpreis Gottes für die Verwirklichung des heilsplans
Eph115-23 Fürbitte um Erkenntnis der Hoffnung für die
heiden
Eph21-313 Schilderung des Heils
Eph21-10 Versetzung der Heiden aus em Leben in das Leben
Eph211-22 Vereinigung der Heiden mit den Juden in der
Kirche
Eph31-13 Der Apostel als Verwalter des göttlichen Geheimnisses
Eph314-21 Fürbitte und Doxologie
Eph41-620 Paränese = 2. Teil: Der Lebenswandel gemäß
der Berufung
Eph41-16 Die Einheit der Kirche als Basis und Norm des Wandels
Eph41-6 Mahnung zur Einheit
Eph47-16 Die verschiedenen Gaben und der Eine Christus
Eph417-24 Warnung vor heidnischem Wandel
Eph425-520 Einzelmahnungen
Eph521-69 Haustafeln
Eph610-20 Die göttliche Waffenrüstung
Eph621-24 Briefschluß
Eph621-22 Empfehlung des Tychikos
Eph623-24 Friedensgruß
2. Die Adressaten
Nach Eph31,41,62 schreibt Paulus den Brief während einer Gefangenschaft,
empfiehlt Eph621f seinen Mitarbeiter Tychikos als Überbringer des
Schreibens mit fast denselben Worten wie Kol47f. Danach wäre Epheserbrief
in derselben Haft und zur gleichen Zeit wie der Kolosserbrief verfaßt
und abgesandt worden. Die Adressaten können jedoch nicht die Christen
in Ephesus sein, das geht aus dem Textbefund der Adresse sowie aus inneren
Gründen hervor.
2.1 Die Adresse
fehlt in dem Adscripto und jede andere Ortsangabe in den ältesten
Handschriften (½46 u.a.). Der Text ohne ortsangabe ist der bestbezeugteste.
Auch ist nur logisch, daß eine einmal vorhandenen Ortsangabe keinesfalls
gestrichen, bestenfalls erweitert werden würde. Vermutlich ist die
Inscrpitio “an die Epheser” das primäre, und von dort umgekehrt als
bei den übrigen Paulusbriefen, in das Präskript gedrungen.
2.2 Die Angaben des Schreibens
Eph1115 und Eph32 zeigen, daß das Schreiben nicht nach Ephesus
gerichtet sein kann, da Paulus angeblich keinerlei persönliche Beziehungen
zu einer Gemeinde haben soll, in der er ungefähr drei Jahre gewirkt
hat.
2.3 Die Adressaten-Hypothesen
2.3.1 Harnack nahm an, er sei der in Kol416 erwähnte Brief an
die Laodikeier gewesen, die Adresse sei lediglich ersetzt worden. (Rückgriff
auf Marcion) Aber: Keine BAsis im Textbefund für die ursprüngliche
Adresse “ejn Laodikeiva/”
2.3.2 Rundschreiben
Der Epheserbrief sei ein Rundschreiben an mehrere ihm unbekannte Gemeinden
gewesen, im Text sei nur eine allgemeine Anrede gewesen oder eine Lücke
im Präskript, in die der jeweilige Gemeindename eingetragen werden
könne, Tychikos sei Bote gewesen. Aber: wieso ist kein einziger Textzeuge
mit einem Ortsnamen erhalten?
3. Die Echtheitsfrage
3.1 Sprache und Stil
Eigentümlichkeiten des Vokabulars: Hapaxlegomena, Ersetzung paulinischer
Termini durch andere z.B. Ephe13,20. Stilistische Seltsamkeiten:
Stil schwerfällig, überladen schwülstig, Synonyma, Genitivverbindungen,
Präpositionalverbindungen, indirekte Fragesätze, konstruktive
und finale Infinitive riesige Satzgebilde. Paulus schreibt zwar auch manchmal
schleppend und schwerfällig, aber “er verschwindet nie in einer Wolke
liturgischer Prosa”.
3.2 Das Verhältnis zum Kolosserbrief
Es gibt Berührungen im Schematisch, in der Terminologie und eine
ähnlichen Zusammenhang, Berührungen in der Terminologie trotz
Differenzen der Gedanken. Z.B. vergleicht man die beiden parallelen Texte
über Haupt und Leib Kol219 und Eph415f, so sieht man, daß mit
dem Leib dort der Kosmos und seine Mächte, hier die Kirche und ihre
Charismen bezeichnet werden, daß mit denselben Ausdrücken eine
andere Sache gemeint ist, d.h. an der zweiten Stelle eine bewußte
Umdeutung der ersten, vom Kosmologischen ins Ekklesiologische vorliegt.
Ähnlich bezeichnet musthvrion im Kol126f das eschatologische Heil in Christus,
in Eph33ff die Aufnahme der Heiden in die kirche, zu alle dem geht aus
der Notiz über Tychikos Eph621f und Kol47f eine literarische, nicht
bloß traditionelle Abhängigkeit hervor.
3.3 Theologische Unterschiede
Es gibt Besonderheiten, die sich weder mit dem Kolosserbrief noch mit
Paulus in Einklang bringen lassen:
3.3.1 Ekklesiologie. Kol126 steht gegen Eph35. Dort sind die Empfänger
der Offenbarung “die Heiligen”, d.h. die Gläubigen überhaupt.
hier dagegen ausschließlich die Apostel und Propheten, die ein ausgezeichneter
Weise als heilig prädiziert werden. Paulus spricht so nie von beiden
Ämtern trotz Hochschätzung des eigenen, nie grenzt er sich als Inhaber
einer besonderen Heiligkeit von der übrigen Gemeinde ab. Eph220: die
Gläubigen sind “aufgebaut auf dem fundament der Apostel und Propheten,
wobei Christus Jesus der Schlußstein ist”. Nach 1Kor11 ist Christus,
nicht ein sonstiger Apostel oder Amtsträger das Fundament.
Entscheidend ist auch der Zeitaspekt in der Rede von der Kirche als
himmlischen Bau Eph221: er wächst vom schon gelegten Fundament zum
schon gesetzten Schlußstein, d.h. für den Epheserbrief gehört
der Kreis der Apostel und Propheten schon der Vergangenheit an.
Im Katalog der Ämter Eph411 sind zwei neue Ämter in die paulinische
Trias von 1Kor128 hinzugekommen, aber die Apostel und Propheten blieben
aber bestehen als Block am Anfang. - ein weiteres Indiz dafür.
3.3.2 Veränderte kirchengeschichtliche Situation z.B. Reduktion
der Charismen auf die kirchlichen Ämter u.ä.
3.3.3 Gnostisch-mythisches Gedankenwelt. Besonders unpaulinisch ist
es daß die Ehe, die nach 1Kor7 ein notwendiges Übel ist, im
Epheserbrief zum Abbild der himmlischen Syzygie von Christus und der Kirche
wird Eph5125ff. Auch wenn die Christen jetzt schon auferweckt sind, entspricht
das zwar dem gnostischen Denken von der schon geschehenen Auferstehung
2Tim218, widerspricht aber Paulus, der den eschatologischen Vorbehalt macht
Röm63ff.
Der Verfasser war wohl nicht einmal mehr persönlich Schüler
Pauli, kannte aber seine Lehre und war “jünger” als der des Kolosserbriefs.
4. Literarischer Charakter, kirchlicher Zweck und theologiegeschichtliche
Stellung
4.1 Literarischer Charakter
Der Brief hat ein einheitliches Thema zum Gegenstand und ist daher
ein Traktat oder auch eine predigtartige Abhandlung, In seiner Intention
ist der Epheserbrief wohl das, was man eine katholischen Brief nennt, die
Fingierung soll apostolische Autor(in)ität und allgemeine Verbindlichkeit
verleihen.
4.2 Kirchlicher Zweck
Der Verfasser hat innerkirchliche Problematik im Auge, aber keine
Irrlehre, es fehlt Ketzer- und andere Polemik. Er redet die Heidenchristen
an und prägt ihnen als das große Geheimnis von Gottes Heilsplan
ein, daß sie in das alte Gottesvolk aufgenommen worden sind. Anlaß
ist in etwa: den Heidenchristen ist das Bewußtsein vom Ursprung der
Kirche im Judentum (im heilsgeschichtlichen Sinn) abhanden gekommen
oder drohte zu entschwinden. die heilsgeschichtliche Argumentation geschieht
auch nicht durch Schriftbeweise wie bei Paulus, sondern durch “ontologische
Spekulation”.
4.3 theologiegeschichtliche Stellung
Dem Gedanken des Gottesvolkes aus Juden und Heiden fehlt die sonstige
paulinische Spannung. er nimmt vielmehr die Vorstellung von Christus als
dem himmlischen Athropos auf (Röm512ff) baut sie aus und verbindet
sie mit der Ekklesiologie. Berührungen mit allen Paulusbriefen, insbesonders
aber mit den Kolosserbrief. Religionsgeschichtlich ist der Epheserbrief
ein synkretistisches Dokument: gnostisch Mythologie, Mysterinanschauungen,
Qumranterminologie, Motive der hellenistischen Popularphilosophie. Die
Nähe zur Gnosis ist offenkundig, aber die ursprünglich mit den
bestimmten Termini verbundene Vorstellungen sind verkirchlicht worden,
Spekulationen dem Gemeindechristentum integriert... ”der wichtige Schritt
von individueller von der in exklusiven Kreisen gepflegter Mystik zu mystisch
gefärbter Ekklesiastik ist getan”.
5. Entstehung
Um die Wende vom 1. zum 2. Jhd entstanden, geographisch in dem Teil
des paulinischen Missionsbereiches, in dem die Autor(in)ität des Paulus
unerschüttert war.
Die Synoptischen Evangelien und die Apostelgeschichte
Einleitung
1. Eujaggevlion und Evangelienbuch
Eujaggevlion meint ursprünglich die Heilsbotschaft selbst Gal11,
Röm11ff. eine Heilsbedeutung maßen die ersten Christen
nur Jesu Tod und Auferweckung zu, nicht seinen Worten und Taten oder anderen
Ereignissen seiner Geschichte, wie die Pistisformeln zeigen.
Nur einmal erwähnt das Markusevangelium eujaggevlion als
Oberbegriff für die Geschichte Jesu. Erst da wo der Plural Evangelium
gebraucht wird, ist die Literarisierung des Wortes eindeutig vollzogen.
Erst im 2. Jhd. wird Evangelium zur Bezeichnung der literarischen
Gattung: Selbst Evangelien, die als häretisch verworfen werden, werden
mit “Evangelium” tituliert.
Im Unterschied zur antiken Heldenliterartur bzw. Biographien besteht
so gut wie kein biographisches Interesse an der Person Jesu, fast nur an
Werk, Lehre und Leiden. Erst Lukas erwähnt eine Vorgeschichte (evtl.
nachträglich?). Dem Evangelium am nächsten kommen Überlieferungen
der Rabbinen sowie die griechische praceiß berühmter Männer.
“Eine Zeichnung der Entwicklung des SElbstbewußtseins oder des Charakters
Jesus wird nicht einmal andeutungsweise gegeben.”
Die Zwei-Quellen-Theorie
Es ist wahrscheinlich, daß Matthäus und Lukas, als sie von
Markus abschreiben, noch zusätzliche Quellen zur Verfügung hatten
als, daß Markus bestimmten Stoff hätte wegefallen lassen. Markus
war also die Grundlage für Lukas und Matthäus, die stilistische
und theologische Veränderungen vornahm und weiters schriftliches oder
mündliches Quellenmaterial hinzufügten.
Beispiele
Der Vergleich des Gesamtaufbaus der Synoptiker ist ein weites Indiz
für die Abhängigkeit von Markusevangelium zu Matthäusevangelium,
z.B. ist eine strenge Parallelität bei Mk11-20 und
Mt31-422 gegeben. Dabei bringt Matthäus erheblich mehr Stoff als
Markus, die Abfolge ist im großen und ganzen sehr ähnlich. Es
ist nur wahrscheinlicher, daß Matthäus mehr Stoff zur Verfügung
stand und er ihn eingearbeitet hat, als daß Markus ihn gestrichen
hat. Ein ähnlicher Befund ergibt sich beim Vergleich Markus und Lukas,
aber: die Passage Mk645-826 findet sich nicht bei Lukas: die sogenannte
“große lukanische Lücke”. Der Vergleich Lukas mit Matthäus
zeigt, es gibt nur dort Übereinstimmungen von Matthäus mit Lk,
wo beide auch mit Mk übereinstimmen.
Darauf folgt:
Zwei-Quellen-Hypothese:
Schwachpunkte:
Gibt es doch den Urmarkus, der betreffend Stellen nicht enthielt? Gibt
es doch eine literarische Abhängigkeit zwischen Matthäus und
Lukas? Haben sie unabhängig voneinander die gleiche Idee gehabt? Abweichung
von Mk bei Lukas und Matthäus von dem uns bekannten? Mk914.29 par
ist durch mündliche Tradition nicht erklärbar!
Aber:
Die minor agreements gehen nie über ganze Sätze hinaus und
sind in den meisten Fällen stilistische oder grammatische Änderungen.
Falls Lukas den Matthäus gekannt hat, müßte man erklärt,
wieso er den zusätzlichen gemeinsamen Stoff niemals an derselben Stelle
des Markus einfügte wie Matthäus
Gegen den Einwand, de große lukanische Lücke und die Auslassung
von Mk426-29 seien ein Hinweis auf einen Urmarkus zu sagen, daß
es auch noch andere Auslassungen gibt, die in die lukanische Lücke
gehören, die Matthäus aber gelesen haben muß (Sammelbericht
Mt1529-31, wo bei Markus Heilungsgeschichte steht). Somit sind zwei Urmaci,
einer den Lukas, ein andere den Matthäus gelesen haben muß zu
postulieren. Dies ist auch problematisch, weil Lukas und Matthäus
etwa zur gleichen Zeit abgefaßt wurden.
Die andere Hypothese von einem Deuteromarkus ist ebenfalls mit dem
Problem, behaftet, daß von einem solchen jüngeren Text keinerlei
Textzeugen erhalten geblieben sind.
Die formgeschichtliche Methode
Unterscheid in der Methodik Bultmanns und Debelius´
Bultmann geht von der Analsyse der Einzelstücke aus, um ihre ursprüngliche
Gestalt zu gewinnen und dann ihren Ursprung zu erschließen. Dabei
sei es zunächst gleichgütli, ob die Trafition mündlich ooder
schriftlich erfolgte. Der relogionsgeschichtliche Aspekt spiet bei Bultmann
analytischer Methode, speziell bei der Frage nach dem Sitz im Leben, ein
große Rolle. Er differenziert von daher den Sitz im Leben: z.B. Diskussinen
mit den Pharisäern hatten ihren Sitz im Leben in der Missionspredigt,
Logien Jesu evtl. in der Gemeindediskussion.
Einwand gegen Bultmann: dir Form darf nicht vom Inhalt her bestimmen,
aber: Formgeschichte behauptet ja von ihrem Ansatz her gerade die Entsprchung
von Form und Inhalt.
Dibelius glaubte àls einzig wesentliche Funktion jener endgläubigen
Gemeinden die Predigt zu erkennen, damit mußte also der Sitz im Leben
für die ersten Überleiferungsstück gefunden sein´.
Andere, höhere Literartur war in der Zeit der Naherwartung praktisch
nicht vorstellbar. Rekonstruiert dies auch den Reden der Apostelgeschicht,
glaubt, daß deren Schema sehr alt sei und in die früheste Frühzeit
zurückreiche. Predigt im Sinne Dibelius umfaßt Missionsverkündigung,
Kultpredigt und Katechese.
Einwand gegen Dibelius von Wilkens: Aus der Apostelgeschichte Reden
und 1Kor153ff läßt isch kein ursprünglicher Predigttyp
rekosntruiern. Wilkens meint ferner. das das “Kerygma” der Apostelgeschichten-Reden,
die summarische Chraakteriesierung der Vita Jeus, nicht der Usrsprung der
synoptischen Jesustradition sei, sondern diese vielmehr voraussetze, und
zwar in ihrere Evagnelienform.
Die Formen des synoptischen Traditionsstoffes
1. Formen des Redestoffes (Herrenworte)
“es geht bei den Herrenworten um kleine Einheiten, die selbständige
Traditionsstücke gewesen sind oder doch hätten sein können”
1.1 Logion: Bultmann oder Weisheitsworte: Dibelius
Bultmann verwendet den Ausdruck nur im engeren Sinn für Weisheitsworte.
Vorbild ist die alttestamentlichen und jüdische Spruchweisheit, z.B.
Prov oder JesSir
1.2 Prophetische und apokalyptische Worte: Bultmann, Prophetischer
Ruf: Dibelius
z.B. Heils- und Drohworte, Mahnrede, Apokalyptische Weissagungen
1.3 Gesetzesworte und Gemeinderegeln
Logien zum Gesetz, Regeln für die Gemeinschaft im Interesse der
Paränese
1.4 Ich-Worte
Jesus spricht von seiner Person
1.5 Gleichnisse und Verwandtes
Wahrscheinlichkeit groß, dabei auf “echte” Jesusüberlieferung
zu stoßen, den sie weisen oft auf die vorösterliche Situation,
lehren das kommende Gottesreich verstehen.
Zweifel an der “Echtheit” sind angebracht, wenn die Gleichnisse Christologie
enthalten oder Probleme der Gemeindeverfassung angesprochen sind.
1.5.1 Bildworte: Bild und Sache ohne Vergleichspartikel nebeneinandergestellt.
1.5.2 Metaphern: Das Bild steht für die Sache.
1.5.3 Vergleiche: Bild und Sachhälfte in korrekter Form durch
Vergleichspartikel z.B. “wie... so” verbunden.
1.5.4 Gleichnisse: Unterscheiden sich in der Ausführlichkeit er
Bildgestaltung von Vergleiche oder Bildworten. Sie nennen in der Bildhälfte
regelmäßiges und typisches.
1.5.5 Parabel: kein typischer Vorgang, sondern ein interessanter und
vielleicht sogar anstößiger Einzelfall
1.5.6 Beispielerzählung: jedes Element des Bildlichen fehlt, starke
Verwandtschaft mit der Parabel, stellt nur Sachhälfte dar, z.B. Beispiel
für rechtes Verhalten
1.5.7 Allegorie: Hat sich aus der Metapher entwickelt, eine metaphora
continua, Darstellung, die in allen Einzelzügen bildlichen Sinn hat.
Erzählstoff:
Wundergeschichten:
dazu gehören nur solche Erzählungen, bei denen das Wunder
auch eigentlicher Inhalt der Erzählung ist.
Geschichtserzählung und Legenden:
Erzählungen von Taufe und Verklärung, Geburts- Passions-,
und Sterbegeschichten, bei letztem Unterschied zwischen Grabes- und Erscheingunsgeschichte
(Bultmann nimmt an, letzte sei entstanden, um die Grabesgeschichten zu
unterstützen)
Redestoff:
Herrenworte
wurden zunächst selbständig, d.h. ohne einen weiteren Zusammenhang
überliefert.
Gleichnisse:
Darstellung knapp, nur die wichtigsten Personen werden genannt, in
der Regel treten nur zwei handelnde Personen(-gruppen) auf. Die Handlung
ist einlinig und steuert auf den Gleichnisschluß zu und läßt
das Gewicht auf dem Schluß liegen.
1. Erzählungen:
Sitz im Leben ist die Predigt, das Zeugnis vom Heil.
1.1 Paradigma:
Geschlossene Sinneinheiten, die für sich verständlich und
ursprünglich selbständig sind mit farbigen Details, Porträts
fehlen aber, dafür oft mit Chorschluß.
1.2 Novelle:
wie Paradigma, aber breiter angelegt und mit mehr Details. Der antiken
Wundererzählung vergleichbar: Epiphaniegeschichten, in denen Jesus
als ein mit göttlichen Kräften begabter Mensch erscheint. Vermutlich
sind die Erweiterungen von Paradigmen analog der “inneren Entwicklung des
Christentums zur Welt”. Novellen sind keine Beispiele für Predigt.
1.4 Mythus:
sind nur sehr selten. Religionsgeschichtlich Definition: Göttergeschichten.
Hier im NT: Tauferzählung, Vesuchungs- und Verklärungsgeschichte.
1.5 Passionsgeschichte:
von vornherein feste Abfolge von Szenen. Der Grundriß entspricht
dem christologischen Kerygma, die Aussagen sind inhaltlich auf gefüllt.
Die Passionsgeschichte ist nicht Berichterstattung, sondern Verkündigung
dessen, was von Gott aus in der Passion geschehen ist. Bezug auf das AT:
Die Passion entspricht dem aus der Bibel erkennbaren Gotteswillen.
Die Logienquelle
Die Übereinstimmungen im Wortlaut zwischen Mt und Lk lassen sich
nur dadurch erklären, daß beide Evangelisten neben Mk noch eine
zweite Quelle hatten (Vgl. Mk11-12 und Lk31-18).
Vergleiche die Feldrede des Lk und die Bergpredigt des Mt: geht mann
von Mt aus so erscheint die Feldrede fast als Torso, es finden sich aber
viele Sätze der Bergpredigt, die nicht in der Feldrede, sondern an
ganz anderer Stelle bei Lk stehen.
1. Die Frage der Schriftlichkeit von Q
Seit die Bedeutung der mündlichen Überlieferung erkannt wurde,
wird die Schriftlichkeit von Q nicht mehr so selbstverständlich vorausgesetzt.
Für Q als schriftliche Quelle spricht jedoch:
Erhebliche Übereinstimmungen im Wortlaut. Da die Worte aus dem
aramäischen ins Griechische übersetzt worden sein müssen,
muß eine griechische Quelle mit dem Wortlaut der Worte Jesu vorgelegen
haben.
Wäre Q nur mündlich ohne festen Umfang, müßte
man erklären, wieso Mt und Lk daraus soviel Gemeinsames ziehen können.
Die Übereinstimmungen in der Reihenfolge des aufgenommen Q-Stoffes
ist doch beträchtlich.
Bei Mt und Lk finden sich Dubletten, d.h. dasselbe Wort Jesu wird von
ihnen zweimal an denselben Stellen wiedergegeben. In diesem Fall ist das
Wort einmal bei Mk belegt, von dem es die beiden “Seitenreferenten” übernommen
haben und noch einmal in Q schriftlich vorgelegen sein, sonst hätte
Mt und Lk es kaum so mechanisch übernommen.
Es gibt sogar Lesefehler, die im Griechischen unverständlich erscheinen,
im Aramäischen jedoch verwandte Schreibweisen der jeweiligen Wörter
zeigen, so daß es nicht ausgeschlossen werden kann, daß Mt
und Lk unmittelbar von einer aramäischen Quelle Q oder je zwei griechischen
Übersetzungen abgeschrieben haben, wodurch sich die Versehen erklären:
Mt2326 und Lk1141. Zumindest waren die Worte Jesu damit schon auf aramäischen
Sprachboden schriftlich fixiert und hat es verschieden griechische Übersetzungen
gegeben.
Mann muß im Umkreis von Q immer wieder mit starker Einwirkung
mündlicher Tradition oder mit gewissen Unterschieden im Wortlaut der
Mt und Lk vorliegenden Handschriften von Q rechnen. Auch der Umfang von
Q ist nicht leicht zu bestimmen, evtl. wurden auch etwas von Mt und Lk
wegelassen.
2. Umfang und Aufbau
Es hat sich die Meinung durchgesetzt, nur Mt und Lk gemeinsam über
Mk hinausgehende Redestoff zu Q zu rechnen. Ferner hat Lk auch hier wie
Mk seine Stoff sehr viel weniger geändert als Mt.
Harnack fand 7 Erzählungen, 11 Gleichnisse, 13 Spruchgruppen,
29 Sprüche. Q sei in judenchristlichen Gemeinden im syrisch-palästinischen
Grenzraum entstanden. Ältere Schicht von Q: prophetisch-enthusiastischen
Spruchgut, ohne Tendenz zur “Kerygmatisierung”. Jüngere Schicht: neue
Gattungen, Ich-Worte: Aber: es ist fraglich, ob es jemals “nichtkerygmatische
Jesus-Tradition” in christlichen Gemeinden gegeben habe. Außerdem
kann eine detaillierte Umfangs- und Inhaltsbestimmung von Q kaum vorgenommen
werden.
2.1 Ungefährer Aufriß
Predigt Johannes des Täufers Lk3 Mt3
Versuchung Jesu Lk4 Mt4
Feldrede Lk6 Mt5-7
Hauptmann von Kapernaum Lk7 Mt8
Johannes der Täufer Lk7 Mt11
Wehe und Jubelruf Lk10 Mt11
Vom Gebet Lk11 Mt6, Mt7
Beelzebub Lk11 Mt12
Rückfall des bösen Geistes Lk11 Mt12
Gegen die Pharisäer Lk11 Mt23, Mt25
Vom Bekennen Lk12 Mt10
Vom Sorgen Lk12 Mt6, Mt24
Gleichnisse Lk13,Lk14 Mt
Weheruf über Jerusalem Lk13 Mt23
Alt und Neu Lk16 Mt
Rede über die letzten Dinge Lk17 Mt24
Gleichnisse von den Talenten Lk19 Mt25
2.2 Themenkomplexe
Eschatologische Verkündigung des Täufers, Versuchungsgeschichte
Zusammenfassung der eschatologischen und ethischen Verkündigung
Jesu, exemlparisch: Dialog des Hauptmann von Kapernaum mit Jesus.
Längere Täufertexte
Thema Jüngerschaft (Nachfolgesprüche, Wehe- und Jubelruf,
Vater Unser)
Thema Gegnerschaft Jesu und Gefährdung der Jünger
Eschatologische ERwartung
3. Gattung und Sitz im Leben
Parallelen: Jüdische Spruchsammlungen, allerdings mehrere bis
beliebig vieler Weiser: Analog sind antike Spruchsammlungen zu nennen wie
etwa Epikurs Sentenzensammlung, die aus dem Bedürfnis der Schüler
entstand, die Lehre des Meisters zusammenzufassen.
Die Spruchquelle ist eine Zusammenfassung, ein Kodifikation der gesamten
“Lehre” Jesu. Sie dient der Unterweisung von Christen, Sitz im Leben ist
womöglich der Lehrbetrieb der Gemeinde, der für Lehre und Leben,
Mission und Auseinandersetzung mit der Umwelt zuständig war. Der Erzählstoff
hatte einen anderen Sitz im Leben.
4. Theologische Motive
4.1 Identität des Irdischem mit dem Erhöten
ist in Q überall vorausgesetzt, die Auferweckung und d.h. die
Erhöhung des Gekreuzigten ist also vorausgesetzt, auch wenn diese
Ereignisse nicht erwähnt werden. Die Überlieferungen von Jesus
wurden ja nicht deshalb gesammelt und weitergegeben. weil sie Überlieferung
von dem waren, der von der Gemeinde als der Erhöhte geglaubt und als
der Wiederkommende erwartet wurde. Das geht daraus hervor, daß der
irdische Jesus denselben Hoheitstitel erhält wie er wiederkommende:
Menschensohn.
4.2
Durch die Voranstellung der Täuferbotschaft wird Jesus Verkündigung
als Verkündigung des Johannes geweissagten eschatologischen Richters
gekennzeichnet.
4.3 Ruf zur Entscheidung
Jesu Verkündigung ist nicht nur in den eigentlich eschatologischen
Partien Ruf zur Entscheidung: “Wer nicht mit mir ist, ist gegen mich” Lk1123
par.: Es gibt nur Nachfolge oder Ungehorsam, Jüngerschaft oder Gegnerschaft.
4.4 Motiv der Gegnerschaft
durchzieht die ganze Spruchquelle. Q parallelisiert ausdrücklich
die Verwerfung Jesu und die des Täufers durch “dieses Geschlecht”
und damit die beider dem Geschick der alttestamentlichen Propheten. Q stellt
mehrfach dem ungläubigen Israel die gläubigen Heiden gegenüber,
ist also ausgesprochen heidenfreundlich.
4.5 Parallelität des Schicksals und der Aufgabe Jesu und seiner
Jünger
ist das Hauptmotiv des Themas Jüngerschaft. vgl. Nachfolgesprüche
Lk957-60 par.
4.6 Implizite Christologie
Im Wort vom Bekennen und Verleugnen wird ein letzter Grundzug von Q
besonders deutlich: Jesu Verkündigung ist keine von ihm ablösbare
Lehre, ihre Weitergabe und Annahme schließt eine Anerkennung seiner
Person als des Heilsbringers ein, d.h. sie impliziert eine Christologie.
4.7
Die erwähnte Identität des Irdischen mit dem Erhöhten
ist eine allgemeine Anschauung des frühen Urchristentums, kein Spezifikum
von Q, so verschieden sie auch akzeptiert wurde. Sie war schon vor Q vollzogen
worden, wie von Q völlig unabhängige Stellen Mk210,27 zeigen.
In Q beachtlicher Unterschied zu Mk: Hier wird Jesus Niedrigkeit betont:
der Unbehauste Lk958 par.
4.8
Daneben gilt Jesus auch als der Messias, obwohl der Titel nie vorkommt.
Denn die Deutung des Täufers mit dem jüdischen Theolumenen des
Elias redivivus Mal31,24 in Mt1110 als des geweissagten eschatologischen
Wegbereiters soll den Täufer als Vorläufer des Messias einführen.
Diese Argumentation stammt aus den Debatten der Christen mit Juden und
Täuferanhängern über die Messianität Jesu, dient aber
hier nicht mehr ihrem ursprünglichen Zweck, sondern der Parallelisierung
Jesus und des Täufers hinsichtlich ihrer Verwerfung.
4.9 Weisheitliche Element
Neben dem apokalyptische und dem messianischen Element hat auch das
weisheitliche Element Einfluß auf die Christologie gehabt: Mythos
von der personifizierte Weisheit, Jesus und der Täufer stehen in Verbindung
mit der göttlichen Sophia Lk735 par. Weisheitlicher Herkunft ist auch
er Jubelruf Mt1125f. Mt1127 par. ist nach Stil und Inhalt den johanneischen
Offenbarungsworten, erscheint in der synoptische Tradition als erratisches
Stück.
4.10 Jesus als Wundertäter
spielt in den christologischen Vorstellungen von Q eine Rolle. Q kennt
und akzeptiert eine reiche, durch die Synoptiker nicht vollständig
verifizierbare Tradition von Jesuswundern samt dazugehöriger qeioß-anhr-Christologie:
Aber Abgrenzung gegen zwei Mißdeutungen:
Jesus habe seine Macht zu Exorzismen von Belzebub, dem Obersten der
Dämonen Lk1114ff, und seine Wunder seien Selbsthilfe- und Schauwunder,
wie bei einem qeioß-anhr. Jesu Selbstverständnis der Wundertaten
sind die von den Zeichen der nahen Gottesherrschaft Lk1120 par.
Die Spruchquelle negiert die qeioß-anhr-Christologie keineswegs,
sondern nimmt sie kritisch auf, indem sie den unlösbaren Zusammenhang
zwischen Wunder und Gottesherrschaft herstellt.
5. Zur geschichtlichen Situation
H.E. Tödt vertrat die These, Q sei eine Dokument einer selbständigen
Urgemeinde, die sich ausschließlich die Weiterverkündigung der
Botschaft des irdischen Jesus zur Aufgabe gemacht hat und sich von der
anderen Urgemeinde, für die das “Passionskerygma” Inhalt der Verkündigung
gewesen sei, grundsätzlich unterschieden habe.
Allerdings scheint die Antithese: “Passionskerygma-Weitergabe der Botschaft
Jesu” wenig stichhaltig zu sein. Denn versteht man den Ausdruck Passionskerygma
im engeren Sinn, als Bezeichnung der Pistisformeln, die Jesu Tod und Auferweckung
als Heilsgut und Inhalt des Glaubens nennen und speziell die Heilsbedeutung
seines Todes (Sühne) hervorheben, dann muß man sehen, daß
selbst das in den synoptischen Evangelien nur sehr randständig behandelt
werden. (Spruch vom Lösegeld Mk1045) und fehlt auffälligeweise
in der Passionsgeschichte und den Leidensweissagungen. Das Passionskerygma
ist also zur Scheidung von Q-Stoff und anderem evangelischen Stoff ungeeignet.
Versteht man das Passionskerygma im weiteren Sinn, so muß man sehen,
daß der gesamte synoptische Stoff ebensowenig vom Passionskerygma
geprägt ist, er ist ja erst durch redaktionelle Arbeit der Evangelisten
damit verbunden worden.
Denn die Annahme eines besonderen Sitzes im Leben des internen Lehrbetriebs
der Gemeinde erklärt die literarische und theologische Eigenart von
Q genügend. Wenn Q nur eine zusammenstellung der ‘Lehre’ Jesu
sein soll, dann besteht kein Anlaß, eine Passionstradition aufzunehmen.
Entstehungort und Entstehungszeit sind unbekannt, Indizien sprechen
für das Gebiet am See Genezareth (Chorazin, Bethsaida, Kapbernaum
und Jerusalem)
Sicher ist, daß Q teilweise schon in aramäischer Sprachfixierung
und Mt und Lk als griechischer Übersetzung vorlag. Die Anfänge
der Sammlung ist wohl schon in den dreißiger Jahre, redaktioneller
Abschluß nicht zu früh (beginnende Parusieverzögerung Mt2448,
Leidensankündigungen an Jünger Mt2355).
Q genoß großes Ansehen, sonst wäre sei nicht von MT
und Lk verwendet worden.
Das Markusevangelium
1. Aufbau
Mk ist das älteste der drei Synoptiker-Evangelien und diente Mt
und Lk als Vorlage.
Auffallend viel Raum nimmt die Passion an Raum ein bei Mk ca. 1/3. Theologische
Mitte bei Mk ist diese scharfe Betonung der Kreuzestheologie.
Die Gliederung im Einzelnen:
Mk11-13 Johannes der Täufer
Mk114f Summarion
Mk116-66a Auftreten Jesus in Galiläa
Mk2-3 Streitgespräche
Mk4 Gleichniskapitel
Mk66b-929 Jesu Wirken in und um Galiläa, Höhepunkt: Petrusbekenntnis
Mk827-33 Leidensankündigung
Mk92-13 Verklärung
Mk914-29 Wundergeschichte
Mk931-50 Jüngerbelehrung
Mk10 Von Galiläa nach Jerusalem
Mk11-13 Vorspiel zur Passion
Mk118-10 Einzug in Jerusalem
Mk1115-19 Tempelreinigung
Mk1127-1244 Streitgespräche
Mk13 Mk-Apokalypse
Mk14-15 Passion
Mk16 Grabesgeschichte
2. Das Material
Es gibt keine durchlaufenden Quellenschichten und nur kleine Einheiten,
in sich abgeschlossene Einheiten. Der Redestoff existierte zwar schon in
kleineren oder größeren Sammlungen, war aber “biographisch”
unergibig.
2.1 Der Erzählstoff
Leidensgeschichte ist im wesentlichen schon vor dem Markusevangelium
im Zusammenhang erzählt. Es war festes Schlußstück, auf
das hin alles andere erzählt wurde. Mk634-56 und Mk81-30 könnten
vormarkinisch sein, weil es den Ereignissen in Joh6 entspricht.
2.2 Der Redestoff
Mk erwähnt öfter die “Lehre Jesu” Mk41,1238. Natürlich
läßt sie sich nicht näher bestimmen oder abgrenzen. Berührungen
zwischen Mk und Q bestehen, aber es gibt keine Abhängigkeit.
Überkommener Redestoff:
Die unterschiedlichen aufgenommenen Gat-tungen hatten auch unterschiedlichen
christologischen Charakter: Drei verschiedene Menschensohn-anschauungen,
eine qeioß-anhr-Christologie, verschiedene Auffassungen zur Gottessohnschaft
Jesu. Dies alles wird zusammengehalten durch den Bezug auf die Person Jesu,
durch die Überzeugung von der Identität des Irdischen mit dem
Erhöhten.
3. Literarische Redaktion und theologischer Charakter
Die Verbindung der Einzelstücke geschieht häufig durch kai,
kai euquß oder palin.
Um aus den Einzelbilder ein Gesamtbild zu entwerfen, verwendet Mk pragmatische
Bemerkungen Mk49, die künftige Ereignisse vorbereiten und
Summarien, de zeigen sollen, daß Jesu Taten nur Beispiele seiner
viel umfassenderen Tätigkeit sind Mk132-34,310-12,654-56.
Ein wirkliches chronologisches Interesse fehlt.
3.1 Lokales Gliederungsprinzip
Auch faßt er die Größe Palästinas sehr viel weiter
als sie tatsächlich war. Nach Lohmeyer ist Palästina für
Mk mehr ein theologischer als ein geographischer Ort:
Galiläa als Schauplatz der Offenbarung (Anhänger, Wunder),
dort wird sich er Auferstandene offenbaren Mk167, dort nimmt die Heidenmission
ihren Ausgang Mk71.
Jerusalem ist Symbol für die Verwerfung Israels (Verfluchung des
Feigenbaums)
Wenn Mk das verachtete Galiläa zur Stätte der eschatologischen
Offenbarung, das heilige Jerusalem dagegen zum Ort der erbitterten Ablehnung
der Offenbarung macht, dann hat diese Umkehrung jüdischer Vorstellungen
auch aktuellen Sinn, sie spricht den theologischen Gedanken des Übergangs
des Heils von den ungläubigen Juden zu den gläubigen Heiden aus.
3.2 Christologisches Gliederungprinzip
Mit kompositiorischen Mitteln hebt Mk auch die Passion hervor:
Es wird hervor gehoben, daß Leiden, Tod und Auferstehung göttliche
Notwendigkeit sind (dei Mk831). Dadurch wird das Gefälle der Darstellung
deutlich, die auf die Passion abzielt.
3.3 Das Messiasgeheimnis oder die Geheimnistheorie
Jesus will seine Würde und Macht, obwohl er sie offenbart, zu
seinen Lebzeiten geheimgehalten und befiehlt ihre Kundmachung erst für
die Zeit seiner Auferstehung: Ausdruck sind die Schweigegebote an den Besessenen
und anderen Geheilten und die Jünger, einschließlich deren Unverständnis.
Allerdings kommt der Ausdruck Messias nur einmal vor Mk829, ist also nur
als Chiffre für Jesu übernatürliches Wesen und nur in diesem
übetragenen Sinn berechtigt.
3.3.1 Wrede: Mk habe zwischen dem unmessianischen Jesusstoff und dem
nachösterlichen “Messias”-Glauben der Christen einen Ausgleich schaffen
wollen, aber: der Stoff ist ja aufgrund des Osterglaubens tradiert worden.
3.3.2 Dibelius: Mk wolle begründen warum Jesus, obwohl er der
Messias war, nicht als solcher erkannt, sondern verworfen und gekreuzigt
wurde. Aber: dies berücksichtigt das Jüngerunverständins
nicht.
3.3.3 Conzelmann: Die Geheimnistheorie bemüht sich weder um historische
noch um apologetische Erklärung der Vergangenheit, soll das Wirken
Jesus nicht historisierend von der Gegenwart absetzen, sondern es für
die Gegenwart der Leser, der Kirche aktualisieren! “Es handelt sich um
die echte Dialektik des Rückblicks. In ihm begreift der Glaube, daß
er selbst nur durch Offenbarung, welche den Ostersachverhalt einschließt,
möglich ist.... Im Geheimnis ist die marcinische Darstellung der Kontinuität
zwischen beiden Epochen aus einem Gesamtverständnis von der Offenbarung
entworfen: von Jesus her war sie schon immer ‘Offenbarung’, und eben dieses
Prae wird von Ostern her einsichtig. Jetziges Verstehen kommt also bei
Mk zu sich selbst im Rückblick auf Jesus, aber - anders als bei Lk
- so, daß es die historische Distanz sofort als von dort her überbrückt
begreift.” Aber: Wozu braucht er dabei das Messiasgeheimnis?
3.4 Die Geschichte Jesu als Inthronisationsvorgang
“Gottes Sohn” im Vollsinn - den dunamei in Röm14 - wird Jesus
dort nicht mit der Taufe, sondern erst mit der Kreuzigung, bei der Auferstehung.
Dies ist die älteste Auffassung.
Mk deuten die Geschichte von der Taufe über die Verklärung
bis zur Kreuzigung als Vorgang der Inthronisation: Diese Abfolge entspricht
dem altägyptischen Inthronisationsritual: Apotheose, Präsentation
und eigentliche Inthronisation. “Indem Mk die überkommene Jesustraditon
mit Hilfe des Inthronisationsschemas umfaßt und gliedert und so die
Geschichte Jesus von der Taufe bis zur Kreuzigung als Inthronisation zum
eschatologischen König deutet, macht er die Relevanz diese Geschichte
als Heilsgeschehen deutlich - freilich unter dem Schleier des Geheimnisses
der Geheimnistheorie.” Mk will das “Evangelium von Jesus Christus mit seiner
Erzählung nicht illustrieren, sondern darbieten. Inhalt ist nicht
nur, wie vorher auch schon, Tod und Auferstehung, sondern jeder einzelnen
Teil, wie das Ganze, hat Anredecharakter.
4. Die theologiegeschichtliche Stellung
Mk hat sein Evangelium für hellenistisch-heidenchristliche Leser
verfaßt. Er erklärt jüdische Sitten und Gebräuche
und übersetzt aramäische Vokabeln. Aber es besteht kaum Nähe
zur hellenistischen Theologie:
Mk gehört ganz in den Bereich der Jesustradition und repräsentiert
diese im hellenistisch-judenchristlichen Sinn, aber ganz auf die Heidenchristen
ausgerichteten Stadium.
5. Verfasser, Abfassungsort und -zeit
Vermutlich in Stadt geschreiben worden, wo die palästinische Jesusüberlieferung
lebendig war, Syrien wahrscheinlicher als Rom.
Zerstörung des Tempels vorausgesetzt: Zerreißung des Tempelvorhangs
wäre Skandal gewesen in Jerusalem vorher Mk1528.
Gleichnis von den bösen Winzern apostrophiert die Katastrophe
des Jahres 70, Abfassungszeit vermutlich kurz nach 70.
6. Integrität
Absatz Mk169ff ist sekundär. Aber ist Mk168 der Abschluß
oder folgten noch die in Mk167 und Mk1428 angekündigten Erscheinungen
des Auferstandenen?
Hypothese Vielhauer: Mk167 verlangt eine Fortsetzung, einen Schluß,
er ist wahrscheinlich ausgefallen, weil er zu sehr von den später
bezeugten Formen der Erzählungen österlicher Christophanien abwich,
vgl. 1Kor153-7.
7. Die Form des Evangeliums
7.1 Entwicklungstheorie
Das Evangelium als Gattung ist eine immanente Entwicklung aus dem vorgegeben
Stoff her.
Aber der literarische Zusammenhalt gerade bei Mk ist ja technisch-redaktionell
hergestellt.
7.2 Rahmentheorie
geht auf die Predigttheorie Dibelius’ zurück und auf die verwandte
Theorie von Bultmann vom Kerygma (Formeln und biographische Summarien der
Apostelgeschichte). Jene Summarien bildeten sozusagen das frame-work, das
dann mit Einzelnstoffen als den Beleg für die Themen der Summarien
gefüllt wurden.
Aber: Traditionsgeschichtliche Priorität der Summarien ist mehr
als problematisch. Auch die Bultmann’sche These, daß sich an die
Verkündigung von Jesu Tod und Auferstehung nach rückwärts
die Einzelstoffe angegliedert hätten, läßt sich als literarischer
Prozeß nicht verifizieren.
Freilich ist wohl richtig, daß das Kerygma von Tod und Auferstehung
den Kristallisationskeim für die Evangelienbildung darstellt und daß
schriftstellerische, apologetische, kultisch, paränetische und dogmatische
Bedürfnisse der Gemeinden die Aufnahme bestimmter Stoffe in das Evangelium
veranlaßten.
7.3 Vitentheorie
ist der Versuch die antiken Biographie, jetzt aber die hellenistische
qeioß-anhr-Biographie, als Modell der Evangelien zu erweisen.
Aber: Weder sprachlich und in technischer, kompositorischer Hinsicht
genügt Mk oder die anderen Evangelien den Anforderungen des literarischen
Niveaus.
7.4 Schriftstellertheorie
Wertet die Redaktionstätigkeit der Evangelien als Leistung einzelner
theologischer Schriftsteller. Die Theorie geht soweit, daß sie in
den Evangelien eine autosemantische Sprachform erkennen zu müssen
glaubt.
Aber: Diese Hypothese erklärt garnichts und fußt auf unbewiesenen
Behauptungen, z.B. daß die Schaffung der Evangelienform und die Verschriftlichung
zusammenfielen.
7.4 Conzelmann
Die Form des Evangeliums, wie sie in Mk vorliegt ist nicht einfach
die Addition von Traditionsstoffen, aber auch nicht einfach ein freischöpferischer
Akt von Schriftstellern.
Nicht nur der Stoff, auch dessen BEgrenzung nach vorwärts und
rückwärts war vorgegeben:
Tod und Auferstehung Jesu, auch, weil beides das “eigentliche” Heilsereignis
bildet.
Ausgangspunkt der Jesusbewegung bildet die Täuferbewegung (historisch
zutreffender Reflex!)
Die einzelnen Gattungen des Leben-Jesu-Stoffes transportierten verschiedenen
Christologien. Diese zentrifugalen Tendenzen hätten zur völligen
Aufspaltung führen können. Daß dies nicht geschah, lag
nicht am MkEv, sondern Mk ist entstanden, weil das ursprünglich hinter
jeder Einzelüberlieferung stehende Bewußtsein von der Identität
des Irdischen mit dem Erhöhten und damit die Bedeutung seines Todes
sich durchgehalten hat bzw. duchgesetzt hat. Dieser Kontext, indem jedes
Einzelstück implizit sein Dasei hatte, hat der Evangelist explizit
gemacht.
Das Matthäusevangelium
1. Aufbau
Die Anfänge Mt1-4
Die Vorgeschichte Mt1,2
Die Vorbereitung Mt3,4
Jesus in Galiläa Mt5-20
Die Bergpredigt Mt5-7
Jesu große Taten Mt8,9
Die Aussendungsrede Mt10
Jesus und seine Gegner Mt11,12
Die sieben Gleichnisse vom Himmelreich Mt131-53
Jesus auf Wanderungen Mt1354-1612
Der Weg zur Passion Mt1613-2034
Jesus in Jerusalem Mt21-27
Das letzte Wirken Mt21,22
Letzte Reden Mt23-25
Die Passion Mt26,27
Ostergeschichte Mt28
2. Quellenbenutzung und Bearbeitung der Tradition
Einige Mk-Perikopen hat Mt ausgelassen:
Der Redestoff wurde von Mt systematisch geordnet und an passender Stelle in den Mk-Aufriß eingefügt: Sondergut und Q sind zu fünf große Reden komponiert:
Conzelmann zählt sechs großen Reden:
Das Sondergut besteht abgesehen von Worten und Gleichnissen vor allem
aus legendären Stoffen, sie häufen sich in der Vorgeschichte
und in den Ostergeschichten.
Literarische Technik der Verknüpfung fortgeschrittener als bei
Mk. Mt versucht, den Zusammenhang des Erzählten möglichst eng
zu gestalten.
2.1 Wundergeschichten
werden oft stark gekürzt, häufig mit Worten Jesus versehen
und zu Lehrgesprächen umgestaltet; von Novellen- in Richtung
Apophtemacharakter. Mt hat sie auch zahlenmäßig vermehrt, hebt
dadurch aber die Verbindung von Glauben und Wunder hervor und macht so
die Gegenwartsbedeutung der Wunder für Leser und Hörer klar.
2.2 Prinzip der Sachordnung
wie schon bei Mk angelegt, hat sich durchgesetzt gegenüber der
geographischen und chronologischen Rahmen. Beispiel Mt5-9 durch fast gleichlautende
Summarien Mt423 und Mt935 die Bergpredigt mit dem Tatenzyklus verklammert.
Jesus als Messias des Wortes und der Tat.
Eine durchgängige sachliche Gliederung hat Mt freilich mit Rücksicht
auf den überkommenen literarischen Rahmen nicht durchgesetzt, aber
der erste Teil erhält dennoch den Charakter eines Lehrbuches.
3. Theologischer Charakter
Mt hat die theologische Wertung Galiläas aus Mk übernommen
und verstärkt vgl “Introitus” Mt415f; entsprechend Himmelfahrt auf
einem Berg Galiläas.
Mt hat das Inthronistationsschema von Mk nicht übernommen, denn
Jesus ist ja beim ihm durch seine wunderbare Erzeugung schon von vornherein
Gottes Sohn.
Die Geheimnistheorie ist stark reduziert, das Unverständnis der
Jünger ist abgemildert, denn sie gelten bei ihm ja schon als Repräsentanten
der Gemeinde, die Christus erkannt hat.
Wie Mk Nebeneinander von Lehren und Heilen, jedoch betont Mt stärker
die Lehre.
Die Vor- und Ostergeschichte sind Schlüssel für die matthäische
Christologie, Ekklesiologie und Eschatologie. Der Schluß endet nicht
mit der referierenden Bemerkung des Autor(in)s, sondern mit dem Offenbarungswort
Mt1818-20
Die Christologie ist von jüdischen wie von hellenistischen Motiven
geprägt: “Messias”, “Sohn Davids” mit Stammbaum bis zu Abraham,
“König der Juden” Mt22, aber auch “Sohn Gottes”, und zwar nicht erst
durch Adoption, sondern schon durch wunderbare Erzeugung und Geburt. Hier
ist die Gottessohnschaft, beliebte Motive der qeioß-anhr-Vorstellung:
Wunderbare Erzeugung, Hinweis auf die Bedeutung des noch Ungeboren, Bedrohung
und Rettung des Neugeborenen.
Der Auferstanden ist der Pantokrator, übt aber seine Herrschaft
durch die Jünger aus, die missionieren sollen.
Hoheitliche Züge Jesu sind stark herausgestellt, z.B. Umwandlung
des Referats Mk141 in ein Herrenwort Mt262: Jesus durchgängig als
Herr seines Schicksals dargestellt.
GEbrauch des AT: Übernahme und Vermehrung der At-Zitate
aus Mk: die Reflektionszitate: Zitationsformel und Texte, die einem besonderen
Typus, nicht der LXX oder einfach eine griechische Übersetzung des
hebräischen Textes. Reflektions-Formel auf Qumran, hiesige Form vom
Evangelium gebildet.
Allerdings ist die Erfüllung alttestamentlicher Prophetie nicht
wie Mk Zeichen der angebrochenen Endzeit, die Parousieverzögerung
war am Werk: Es geht ihm um die Erfüllung einzelner Wort in Einzelheiten
des Lebens Jesu. Mit dem Gedanken einzelner Erfüllungen konstruiert
Mt das Bild einer Heilsgeschichte, die Israel, Jesus und die Zeit der Kirche
umspannt, aber die letzte Erfüllung steht noch aus.
Drei Motive: Vollmacht des Erhöhten, universaler Missionsauftrag
und praesentia Christi sind als Leitgedanke des ganzen Buches zu beachte!
Ekklesiologie: nur in Mt findet sich in den Synpotiker das Wort ejkklhsiva.
Die Gleichnisse vom Unkraut unter dem Weizen und vom Fischnetz: Die Kirche
ist das Reich des Menschensohns, ein corpus permixtum, die Scheidung tritt
erst bei der Parousie ein und darf nicht vorweggenommen werden. Versteht
Kirche als das wahre Israel, Verfolgungen der Kirche sind Verfolgungen
durch das empirische Israel. Sucht aber Verbindung zu halten durch Übernahme
des AT und des Gesetztes Mt17-20. Er sagt aber ausdrücklich, daß
im Liebesgebot das ganze Gesetz erfüllt sei. Rückt Jesus als
den Bringer dieses Gesetzes in den Vordergrund. Schwächt Jesu radikale
Forderung kasuistisch ab z.b. Mt532. Bestreben, die eschatologische Botschaft
Jesu zu ethisieren und in eine an die weiterbestehende Welt angepaßte
Ethik umzuformen. Selbst die Reflexionszitate zielen zwar auf die historisch-biographische
Faktizität, aber nicht im Sinne einer Historisierung, d.h. Relativierung,
sondern im Sinn einer Vergewisserung. Die ganze dargestellte Geschichte
Jesu hat Gegenwartsbedeutung für die Kirche “Bis zum Ende der Welt”,
die ethische Forderung ist ein Implikat der Christologie, nicht umgekehrt.
4. Sitz im Leben
Sowohl kultische Versammlung als auch Unterricht, für Lehrer Mt519,
Mt238-12 und für Katechumenen Mt818ff. Kombination von Q und Mk: Ziel
ist die Erfüllung der kerygmatischen Aufgabe der christlichen Lehrer.
5. Zur geschichtliche Situation
Die Gemeinde scheint eine gemischte Gemeinde zu sein, in der sich der
juden-christliche Teil noch nicht völlig von der Synagoge getrennt
hat.
Ein Teil der Gemeinde dachte über die Stellung des Gesetzes wahrscheinlich
liberaler als der andere, aber kein Antinomismus.
Der Verfasser war dem Buch nach ein christlicher grammateuß,
d.h.. ein Lehrer.
Die Zerstörung Jerusalems wird vorausgesetzt Mt227, Mt2338.
Die Entstehungzeit liegt vermutlich irgendwann in den letzten beiden
Jahrzehnten es 1. Jhds; Strecker 90-95.
Ort Anntiochia oder Damaskus, da der Wert eines “Saters” Mt1724ff nur
dort den Wert zweier Doppeldrachmen hatte.
Das lukanische Doppelwerk
1. Das Lukasevangelium
1.1 Aufbau
Vorgeschichte des Vorläufers und des Messias Lk1,2
Der Anfang Lk31-413
Das Wirken des Vorläufers Lk3
Die Vorbereitung des Messias Lk41-13
Jesu Wirken in Galiläa Lk414-950
Jesu Wirksamkeit Lk951-1927
Jesu Reise nach Jerusalem Lk1928-2138
Passion und Ostergeschichte Lk22-24
2. Quellenbenutzung
Lk hat Quellen anders benutzt als Mt: Mt hat seine Quellen ineinandergearbeitet,
Lk hat sie nebeneinandergestellt. Sehr viel Sondergut, das nicht nur aus
den Quellen stammen kann.
Proto-Lukas-Hypothese: Der Evangelist hat ohne Kenntnis von Mk aus
Q und Sondergut (SLk) ein Evangelium zusammengestellt, den Proto-Lukas
Lk3-24 ohne Markus-Stoff. Die Zeitangabe Lk31 ist angeblich ein deutlicher
Buchanfang. Der Proto-Lukas hat dann Mk kennengelernt und in zwei Blöcke
eingearbeitet, dies veröffentlicht und dann die Apostelgeschichte
geschrieben und Lk1+2 vorangestellt.
Aber nicht haltbar: Lk war nicht nur mechanischer Sammler und hat Stoff
nicht nur planlos aneinandergereiht.
Lk hat Mk faßt vollständig übernommen, doch fehlt zwischen
Lk917 und Lk918 der ganze Passus Mk645-826, die sogenannte lukanische Lücke!
Die Wirksamkeit des Täufers ist gegenüber der Jesu stark
herabgesetzt.
Dadurch, daß Lk nicht wie Mt seine Quellen ineinanderarbeitet,
sondern nebeneinanderstellt, bringt er ein anderes Bild vom Leben Jesu,
als es bei Mk und Mt erscheint, obwohl er Mk im Aufriß folgt.
Der Reisebericht Lk951-1814 macht den Eindruck, als fehle dieser Abschnitt
bei den anderen Synoptikern, allerdings ist er nur redaktioneller Rahmen,
in den der das Material einfügt. Allerdings ist die Reisesituation
nur inLk951-56 konstitutiv und gehört der Tradition an. Freilich hat
er eine wichtige theologische Bedeutung.
3. Schriftstellerischer Charakter und theologische Tendenzen
Lk will als Historiker aus der Jesustradtion und aus den Traditionen
über die Urkirche eine diegesiß, eine Geschichtserzählung
machen und die Geschichte Jesu historisch einordnen: Herstellung weltpolitischer
Züge durch sechsfachen Synchromismus in Lk31ff.
Die Technik der Herstellung der Zusammenhänge ist fortgeschrittener
als bei Mk und Mt: Häufige Historisierung, die verdeutlichen, motivieren
und konkretisieren soll: z.B. Jesu Antwort auf die Anfrage des Täufers,
ob er der Kommende sei: Antwort erhält bei Lukas einen “situationsgebundenen
Hintergrund”: Jesus war gerade beim Heilen vieler Kranker Lk720-23.
Die Biographisierung des Stoffes ist dort am stärksten, wo Lukas
am freiesten arbeiten konnte: In der Vorgeschichte! Sie bestimmt von einer
kirchlich-theologischen Tradition, von der Sicht der historia Jesu als
Periode der universalen Heilsgeschichte. Das Motiv dafür ist das Ausbleiben
der Parousie, die Zerdehnung der Zeit. Die Geschichte Jesu rückt immer
mehr in den Hintergrund uns setzt sich von der Gegenwart der Kirche ab.
Das Verhältnis der Kirche zur Zeit Jesu wird immer mehr zum Problem,
Lukas versucht es mit seiner Konzeption der Heilsgeschichte zu lösen:
Bearbeitung der Täufertradition aus Mk und Q: In diesen galt der
Täufer als Elias redivivus und Vorläufer des Messias. Lk trennt
die Wirksamkeit des Täufers von der Jesu und streicht den Elia-Passus
Mk99-13 und das Maleachi-Zitat in Q. Zwar ist Johannes der Vorläufer
und Jesus der Messias, aber beide sind nicht mehr eschatologische, sondern
heilsgeschichtliche Gestalten. Beide gehören verschiedenen Perioden
an, “das Gesetz und die Propheten bis Johannes, von da an wird die Herrschaft
Gottes verkündigt,...: Johannes der Zeit des Gesetze, d.h Israels,
Jesus einer neuen Zeit, die mit ihm beginnt.”
Die Jesuszeit erhält ihren besonderen Charakter dadurch, daß
der Satan in ihr keine Macht hat. Er verläßt Jesus nach der
Versuchung Lk413 und kehrt erst wieder, als er in den Verräter Judas
eingeht Lk223. Dazwischen liegt die eigentliche Jesuszeit, die nicht mit
dem Leben Jesus selbst identisch ist, die Passionszeit gehört schon
zur Zeit der Kirche. Das “Leben Jesu” greift also über die Mitte der
Zeit nach vorwärts und rückwärts hinaus.
Zur markinischen Warnung vor den Irrlehrern, die im Namen Jesus kommen
und sagen: “Ich bin es” Mk136 fügt Lk hinzu: “... die Zeit ist nahe.”
Lk218 und verketzert damit die Naherwartung der Parousie als Irrlehre.
Die Geschichte Jesu ist dreigeteilt in die geographischen Räume
Galiläa, Reise und Jerusalem. Jerusalem ist anders als bei Mt und
Mk die heilige Stadt des Gottesvolkes. In und bei ihr ereignen sich die
Erscheinungen des Auferstandenen, Galiläa wird durch Eingriffe in
den Mk-Text eliminiert.
Dies entspricht nach Conzelmann drei christologischen Stufen: Messiasbewußtsein,
Leidensbewußtsein und Ausübung des Kultkönigtums über
Israel im Tempel. Nach W.C. Robinson liegt die besondere Bedeutung der
lukanischen Geographie in der lokalen Folgeordnung als Mittel, das Vordringen
der christlichen Botschaft in die Welt, das Wachstum des Wortes anzuzeigen.
Lk sah die Bedeutung des Geographischen darin, den Weg der Ausbreitung
des Christentums - ‘den Weg des Herrn’ als eine Reise darzustellen. Diese
Präzisierung macht den inneren Zusammenhang des Lk mit der Apg evident.
Das Jesusbild des Lk schildert Jesus im Unterschied zu Mk und Mt als
menschlich und hebt seine weichen Züge hervor. Er betont Jesu Leibe
zu den “Außenseitern”, den Sündern m den Armen, den Kranken,
den Verachteten zu denen auch die Frauen gehören. Entspricht
möglicherweise der Armenfrömmigkeit, die schon vorlukanische
TRadition war.
Lk schildert Jesus als Heiligen. Dem entspricht auch die Bearbeitung
der Leidensgeschichte. Die Passion ist nicht wie bei Mk als Heilsgeschehen
oder bei Mk als christologische Offenbarung, sondern als Martyrium geschildert.
Der leidende Heiland ist für Lukas der Mann Gottes, der von bösen
Gewalten bekämpft im Dulden und vergehen ein Vorbild unschuldiges
Leidens wird. In dieser Vorbildlichkeit liegt die praktische Bedeutung
des Jesusbildes für die Christen in der Zeit des Lk. Lk schildert
die Geschichte als Leben eines Heiligen, das vom Martyrium gekrönt
wird.
4. Abschließende Bemerkungen
Das Proömium gibt vor, neutral und objektiv die Ereignisse vollständig,
genau und in richtiger Reihenfolge in einer zuverlässigen Geschichtserzählung
darzustellen. Was aber folgt, ist ein Biographie Jesus in heilsgeschichtlichen
Rahmen. Der Leser findet in dem Buch etwas anderes, als was er aufgrund
der Einleitung erwartet und erwarten muß. Das Proömium verrät
nichts von der heilsgeschichtlichen Konzeption, diese Diskrepanz zwischen
heilsgeschichtlichem Entwurf und dem Vorzeichen profaner Historiographie
verträgt sich offenbar bei Lukas.
Der Johanneische Kreis
1. Das Johannesevangelium
1.1 Aus der Geschichte der Forschung
1.1.1 Die älteste Frage ist die Frage nach der Echtheit
Joh wurde nur unter der Voraussetzung in den Kanon aufgenommen, daß
es das Werk des Zebedaiden Johannes sei. Joh galt den Synoptikern lange
Zeit überlegen als das “pneumatische Evangelium”.
1.1.2 Literarkritik
Ein wichtiges Thema wurde die Literarkritik: Erwuchs aus dem
Zusammenhang der Echtsheitfrage, im VErsuch authentisches von nichtauthentischem
zu unterscheiden, hat sich aber verselbständigt.
1.1.3 Religionsgeschichtliche Herkunft und Einordnung
Die Frage nach der religionsgeschichtlichen Herkunft und Einordnung
des Joh, wurde in den 20er Jahre durch Entdeckung und Erschließung
manichäischer und mandäischer Orginalquellen erweitert, das Interesse
ist seit de vorwiegend auf den orientalischen Synkretismus gerichtet.
1.1.4 Botschaft
Die Klärung der Frage nach der Botschaft des Joh hängt
unmittelbar mit der Klärung der Quellen und der religionsgeschichtlichen
Heimat des Evangelisten zusammen.
1.2 Aufbau
Prolog Joh11-18
1. Hauptteil: Die Offenbarung Jesu vor der Welt Joh119-1250
Das Zeugnis des Täufers Joh1
Die ersten Jünger
Die Hochzeit zu Kana Joh2
Die Tempelreinigung
Jesus und Nikodemus Joh3
Jesus und der Täufer
Das Zeugnis des Offenbarers
Jesus und die Samaritanerin Joh4
Die Heilung des Sohnes des “Königischen”
Heiligung am Teich Joh5
Rede Jesu über den Offenbarer als Richter Joh5
Speisung der 5000 und Seewandel Joh6
Zeichenforderung
Rede über das Brot des Lebens
Petrusbekenntnis
Jesus auf dem Laubhüttenfest Joh7
Jesu Auseinandersetzung mit den Juden Joh8
Heiligung des Blindgeborenen Joh9
Jesu Rede vom Guten Hirten Joh10
Steinigungsversuch und Flucht Jesu
Auferweckung des Lazerus Joh11
Todesbeschulß des Synhedriums
Flucht Jesu
Überlegungen der Festpilger Joh11
Salbung in Bethanienen Joh12
Einzug in Jerusalem
Die Griechen
Jesu Rede über seine Verherrlichung
Abschließende Zusammenfassung der Verkündigung vor der Welt
2. Hauptteil: Die Offenbarung Jesu vor den Seinen Joh13-20
Das letzte Mahl Joh13-17
Fußwaschung Joh13
Weissagung des Verrats und Entfernung des Verräters
Überleitung zu den Abschiedsreden
Abschiedsreden Joh14-16
Das hoheitliche Gebet Joh17
Passion und Ostern Joh18-20
Verhaftung Jesu Joh18
Verhör vor dem Hohenpriester und Verleugnung Petri
Jesus vor Pilatus
Kreuzigung Joh19
Begräbnis
Ostergeschichten Joh20
Petrus und der Lieblingsjüger am Grab
Jesu ERscheinung vor Maria Magdalena Joh20
Jesu Erscheinung vor den Jüngern
Jesus und Thomas
Buchschluß Joh2030f
Nachtrag: Der Auferstandene in Galiläa Joh21
Jesu Erscheinung am See Tiberias
Jesus, Petrus und der Lieblingsjünger
2. Buchschluß
3. Das Verhältnis zu den Synoptikern
Unterschiede im Rahmen des Lebens Jesu:
Jesus wirkt nach den Synoptikern hauptsächlich in Galiläa
und nördlich und östlich davon und nur einmal in Jerusalem, nach
Joh in Galiläa, Juda und Jerusalem, drei Jerusalemreisen Joh213,51,710.
Noch zwei Passafest mehr las bei den Synoptikern erwähnt, zeitliche
Dauer der öffentlichen Wirksamkeit mehr als zwei Jahre, bei den Synoptikern
nur gerade ein Jahr, letzter Jerusalemaufenthalt bei den Synoptikern etwa
eine Woche, bei Joh etwa ein halbes Jahr vom Laubenhüttenfest bis
zum Passa.
Unterschiede bei den Reden Jesu:
Die Reden bestehen bei den Synoptikern aus aneinandergereihten Spruchgruppen
und Sprüchen, bei Joh aus weitläufigen und thematisch gebundenen
“Meditationen”, manchmal dialogisiert. Form des synoptischen Streit- und
Schulgesprächs fehlt. Auch statt der Gleichnisse finden sich anders
geartete Bildreden, vergleiche Mt1812-14, Lk154-7 mit der Rede vom guten
Hirten Joh10. Die Darstellung der Taten Jesus meist nicht in der Aneinanderreihung
in sich abgeschlossener kurzer Erzählungen, sondern häufig in
größeren Szenen mit Reden und Dialogen. Wunder sind auf sieben
reduziert, fortgeschrittenes Stadium der Tradition. Dämonenaustreibungen
fehlen, Charakteristika Jesu als Rabbi, Weisheitslehrer und Propheten wie
bei den Synoptikern fehlen bei Joh.
Verwandtschaft mit dem synoptischen Stoffen:
verschiedene Motive und Perikopen, die auf gemeinsamen Traditionszusammenhang
hinweisen, einige Motiven, die auf einen Zusammenhang mit Mk hinweisen,
gelegentlich sogar wörtliche Parallelen von nie mehr als drei Wörtern,
dagegen zeigt such eine enge Verwandtschaft mit den Spezifika des LK. eindeutige
Berührung mit Mt finden sich nirgendwo. Man hat daraus gefolgert,
Joh habe Mk und Lk gekannt und benutzt. Aber eine solche Benutzung wäre
ein viel komplizierter Vorgang gewesen als die von Q und Mk durch Lk und
Joh. Joh erzählt “seine” synoptischen Geschichten immer etwas anders
und meist in anderem Zusammenhang als die Synoptiker.
Ein literarische Abhängigkeit von den Synoptikern läßt
sich also nicht nachweisen, die synoptischen Perikopen sind offenkundig
traditionsgeschichtlich vermittelt. Auch bei den Jesusworten keine wirklich
klare Abhängigkeit, wenn auch Verwandtschaft.
4. Literarkritische Fragen
4.1 Integrität
4.1.1 Zwei Schlüsse: Joh hat zwei Schlüsse: Joh2030 und Joh2124f.
In Joh24 wird der “Lieblingsjünger” als Verfasser des vorhergehenden
Buches bezeichnet. Die Notiz und damit Joh21 stammt offenbar von einem
Redaktor, und zwar dem Herausgeber, da Joh nie textlich ohne Joh21 bezeugt
ist.
4.1.2 Unordnung in manchen Textpartien
hat zu Umstellungshypothesen geführt. Sie stammen nicht vom Herausgeber,
der hat es vielmehr so übernommen, wie er e offenkundig vorgefunden
hat. Der ursprüngliche Text lautet daher höchstwahrscheinlich:
4.1.2.1 Joh1431 wird erst in Joh181 fortgesetzt. Joh15-17 stehen hier
am falschen Platz, denn eine Interpolation könne sie aus sprachlichen
Gründen nicht sein.
4.1.2.2 Umstellung zu Joh4, Joh6, Joh5
4.1.2.3 Umstellung zu Joh715-24, Joh71-14,25ff
4.1.2.4 Umstellung zu Joh91-41, Joh1019-21, Joh1022-29,1-18,30
4.1.2.5 evtl. Umstellung Joh 331-36 paßt stilistisch besser hinter
Joh31-21 als zu den Täuferworten Joh327-30.
Die Unordnung wurde häufig mit einer Blattvertauschung erklärt,
das kam in der Antike öfter vor, z.B. die “zehn-Wochen-Apokalypse”
im äthHen, die 8.-10. Woche steht vor der 1.-7. Woche. Die Blattvertauschungstheorie
wurde bestritten, da ein Mittelwert einer Buchstabenzahl auf einer Seite
nicht feststellbar sei und daß die Blätter immer mit ganzen
Sätzen angefangen hätten.
4.2 Quellen
Hier ist Rudolf Bultmanns Drei-Quellen-Theorie zu zitieren:
4.2.1 Sammlung von Wundergeschichten (Semeia-Quelle):
Erwähnung des Kana-Wunders Joh211 als das “erste Zeichen” und
die Fernheilung Joh454 als zweite. Diese Zählung steht im Widerspruch
zu der Erwähnung “mehrere Zeichen” in Joh223! Erwähnung, daß
Jesus “so große Zeichen” vor ihren getan hatte und sie trotzdem nicht
glaubten, obwohl Joh die Wunder sonst immer dem Wort Jesu unterordnete
Joh1237, Erwähnung noch “weiterer Zeichen, die nicht aufgeschrieben
sind” Joh2030, außerdem Stilkriterien: Die der Quelle zugeschriebenen
Stücke sind teils oder ganz frei von johanneischen Stileigentümlichkeiten
- sie wurden vom Autor(in) natürlich auch überarbeitet. Umfang läßt
sich sehr schwer feststellen. Die Charakteristik: Stil dem der synoptischen
Wundererzählung verwandt, jedoch nicht weiterentwickelt. Haenchen
meint, sie sei eine Art vergröbertes Mk-Ev gewesen, das Jesu Herrlichkeit
nicht mehr in geheimen Epiphanien zeigte, sondern möglichst greifbar
und sichtbar.
4.2.2 Passions- und Ostergeschichten
Joh18-20 liegt anerkanntermaßen nicht synoptische Quellenschrift
vor, denn: Joh berichtet Einzelheiten, die er nicht im Sinne seiner theologischen
Gedanken auswertet, z.B. Verleugung des Petrus u.a., außerdem sind
Spannungen im Text, die sich durch Einfügung redaktioneller Zusätze
in eine Vorlage erklären lasen, etwa der Wettlauf der beiden Jünger
zum Grab Joh202-10!
4.2.3 Offenbarungsreden
Bultmann hatte eine solche Quelle zuerst in Joh1 herausgearbeitet,
Hauptmerkmal: Poetisch gebunden, apodiktischer Stil und Parallelismus membrorum,
häufig antithetischer Parallelismus!
Schema nach Becker:
-Selbstprädikation des Offenbarers in Form eins egw-eimi-Satzes
-Invitation, Ruf zur Entscheidung
-Krisenspruch, d.h Verheißung, gelegentlich mit Drohung verbunden
Parallelen: Mandäische und andere gnostische Texte, jüdische
Weisheitliteratur. Der Evangelist hat Stücke aus ihr den Reden und
Dialogen Jesu zugrundegelegt, dabei auch kommentiert und verändert.
Problem: Es liegt keine Parallelversionen der johhanneischen Reden
vor, man ist also auf interne Befunde im Joh angewiesen, Gefahr des hermeneutischen
Zirkels stärker als bei der Semeia-Quelle, da Stilkriterien in diesem
Fall weniger eindeutig ist!
Ergebnis: Am Schema von Becker ist festzuhalten, auch sagt der Evangelist
häufig etwas, um es nachher zu korrigieren, warum sagt er es nicht
gleich richtig? Bultmanns Kriterien riechen freilich bis jetzt zur Erfassung
einer solchen Quellen nicht aus!
5. Schriftstellerischer und theologischer Charakter
Die Tendenz, die Identität des irdischen und des erhöhten
Jesus zu zeigen, ist im Joh radikal zuende geführt.
5.1 schriftstellerische Eigenart:
5.1.1 Auswahlcharakter: Beginn mit feierlichem Prolog und Schluß
mit Bemerkung über den Zweck des Evangeliums Joh203f. Er betont, anders
als Lukas, den seines Buches, die Auswahl genügt für seine Zweck.
Das Thema in Joh14: “wir sahen seine Herrlichkeit”. Dodd: Zwei Teile, Buch
der Zeichen Joh2-12 und der Passion Joh13-20, Bultmann: als Offenbarung
vor der Welt und von der Gemeinde.
5.1.2 Korrektur der Überlieferung, z.B. Tempelreinigung am Anfang,
Fehlen der Einsetzung der Eucharistie
5.1.3 Bemühung, das Einzelne zu einem Ganzen zu verbinden, Überwindung
des Perikopensystems, fortschritt der Technik der Verbindung und Bearbeitung,
Herstellung eines zusammenhängenden, klar gegliederten und überschaubaren
stringenten Geschehens.
5.1.4 Einzelerzählungen, z.B. aus der Semeia-Quelle, z.B. die
Heilung des Blindgeborenen, werden zu großen Szenen mit Dialogen
und Gesprächsgängen ausgearbeitet: Nicht zuletzt zu einem Paradigma
für den Konflikt der Bekenner Jesu mit ihrer aktuellen Umwelt! Das
größte Wunder, die Auferweckung des Lazarus Joh11, der Höhepunkt
Jesus Wirken wird dramaturgisch als Umschwung Jesu Geschicks ausgearbeitet
(offizieller Todesbeschluß)
5.1.5 Andererseits stehen manche Erzählungen ohne szenischen Abschluß
da, z.B. Tempelreinigung, endet ohne erzählenden Abschluß, sondern
mit Jesu Wort vom Abbrechen und Wiedererrichten des Tempels, dem Kommentar
des Evangelisten und der Bemerkung, dieses Verständnis sein den Jüngern
erst nach der Auferweckung Jesus aufgegangen: Dem Evangelisten kommt es
auf die Deutung, nicht den Verlauf des Geschehens an.
5.1.6 Das schematische bild von Jesus Gegnern und seiner Umwelt:
Konkrete Vielfalt des jüdischen Volkes in den Synoptikern ist
einfach durch “die Juden” ersetzt. Offenbar simplifiziertes Bild des Judentums
in späterer Zeit. “Die Juden” sind für Evangelisten das Symbol
für die Ungläubigen überhaupt, die Pharisäer rücken
in eine offizielle Position, die sie nie innehatten!
5.1.7 Die Reden verlaufen nach einem allgemeinen Schema, mit Abwandlungen
freilich:
-Handlung, -Dialog, -Monolog.
Die Reden haben nicht die Funktion, die Wunder zu deuten, sie führen
über sie hinaus (Stichwort: Stufenhermeneutik des ganze Johannesevangelium,
G. Theißen!) Die Wunder machen die göttliche Macht Jesu sichtbar,
die Rede aber offenbaren, daß Jesus das Brot des Lebens usw. selbst
ist. Die Wunder werden so zu Zeichen, besser zu Symbolen, die von sich
weg und auf Jesus hinweisen. Aufgabe der Reden ist Selbstoffenbarung im
Ich-Stil.
5.1.8 Die egw-eimi-Worte
Bultmann hat vier Grundformen von egw-eimi-Reden in der religiösen
und sakralen Sprache untersucht:
1. die Präsentationsformel (auf die Frage: wer bist du?) 2. die
Qualifikationsformel (Was bist du?), 3. die Identifikationsformel (Redender
identifiziert sich mit andere Person) 4. die Rekognitationsformel (wer
ist der Erwartete, Erfragte, Besprochene?)
Im Joh dominiert die Rekognitationsformel, klarzumachen anhand des
Brotwortes Joh633-45. Die johanneische Rekognitationsformeln zeigen einen
Exklusivitätsanspruch, damit eine polemische Spitze gegen die Ansprüche
andere Heilsbringer und Offenbarer (Dyonisos u.a.) Daher auch der Ruf zur
Entscheidung und die Verheißung, etwa Joh812
5.1.9 Die Verwendung doppeldeutiger Begriffe und die Technik des Mißverständnisses,
z.B. lebendiges Wasser Joh411ff: Quellwasser, magisches Lebenswasser oder
Sinnbild für das wahre Leben? Literarisches Mittel, den Dialog voranzutreiben,
aber auch Ausdruck des johanneischen Offenbarungsverständisses: Der
natürliche Mensch muß Jesus mißverstehen, ihn verstehen
kann nur, den Geist empfangen hat, vom Geist belehrt ist Joh211, Joh739.
5.1.10 Die Worte der Gegner Jesus haben selbst manchmal eine hintergründigen
Sinn, z.B. Argument des Kaiaphas für Jesus Tod Joh1150-52. Er wird
unfreiwilliger Zeuge Jesu Heilsbedeutung. solche Aussagen, als “tragische
Ironie”, sind ebenso literarisches Kunstmittel. Sie zeigen im Griechentum
das Preisgegebensein menschlichen Wollens an die Macht des Schicksals,
hierin christlicher Modifikation die Einordnung allen menschlichen Tuns
in Gottes Heilsplan.
5.2 Theologische Eigenart
Der Evangelist will die Jesustradition nicht einfach weitergeben, sondern
deuten! “erkennen ist nach Joh222 erst nach Jesu Tod und Auferstehung möglich
und heißt “sich erinnern”, ist vom Geist gewirkte, richtige Erkenntnis.
Der Verfasser will ein geistgewirktes Buch schreiben, der Geschichte
Jesu, wie sie sich nach Jesus Erhöhung in die Herrlichkeit und nach
dem Geistempfang der Jünger dem erschlossenen Augen des Glaubens darstellt.
Zwei Tendenzen
5.2.1 Die Zeit Jesu und die eigenen Gegenwart werden in eins gesehen,
dies führt gelegentlich zu gewissen Anachronismen, z.B. Synagogenausschluß
der Jünger Joh162. Abschiedsreden Joh13-20: Hier spricht der Todgeweihte,
Joh1-12: Hier spricht der Erhöhten (Stufenhermeneutik) Aber: Nicht
der Zeitaspekt ist entscheidend (Zeit Jesu - Zeit der Kirche), sondern
die “Perspektive einer Sachdidaktik” (Vielhauer:) beides gilt gleichzeitig,
wie es nach Jesus Weggang Gläubige und Ungläubige gibt, so ist
auch die Stunde (des Heils) nie abgeschlossen, die Stunde, die “da ist”,
ist nach dem Evangelisten die eschatologische Stunde!
5.2.2 Kombination von Leben-Jesu-Tradition, spezielle qeioß-anhr-Christologie
z.B. durch den Erweis durch wunderhafte Zeichen (Wunder), Präexistenzchristologie
z.B in Phil26-11: Pure Menschlichkeit Jesus nach dem Abstieg, der Selbstentäußerung,
ist Bedingung für das Heilswerk. Machterweis des Irdischen haben hier
keinen Raum, das ganze Interesse liegt auf Tod und Auferweckung. In dieser
Präexistenzchristologie kann sich kaum mit den Leben-Jesu-Stoff verbinden!
Z.B. 1Kor28 und Mk123! Dieses Verhältnis bewirkt innere Spannungen,
die sich auf die Sätze reduzieren lassen: “Das Wort ward Fleisch”
und: “Wir sahen seine Herrlichkeit” Joh114. Was bezweckte der Evangelist
mit seiner Kombination? Eine Steigerung der qeioß-anhr-Vorstellungen
mit Hilfe der Präexistenzvorstellung zu einer Herrlichkeitschristologie
oder eine Unterordnung der qeioß-anhr-Vorstellung unter den Gedanken
der Inkarnation?
Vielhauer: Die qeioß-anhr-Vorstellung hat im Joh keine selbständige
Bedeutung, sondern ist immer anderen christologischen Konzeption dienstbar
gemacht, die in den Reden zur Sprache kommt
Bultmann: “Im Grunde ist nicht eigentlich die Menschheit das Transparent,
sondern gerade die Göttlichkeit des johanneischen Jesus, den das an
ihm sichtbar Göttliche, das ist ja eigentlich nicht, was offenbart
werden soll” Grundzug dieser Konzeption:
Der Dualismus Gott-Welt wird durch die Gegensatzpaare Licht-Finsternis,
Wahrheit-Lüge Leben-Tod charaktisiert, aber der Dualismus wird nicht
metaphysisch verstanden wie in der Gnosis, die Welt bleibt Gottes Schöpfung
Joh13,10,11. Die Überwindung dieses Gegensatzes ist nur von Gott her
möglich, durch Offenbarung seines Sohnes in dessen Sendung. Jesu Offenbarung,
Licht und Logos genannt Joh11,4f,9, vollzieht sich in Reden: Aber Jesus
spricht immer nur von sich selbst, auch wenn er ankündigt, er spricht
über das, was er vom Vater gehört hat (polemische Tendenz?),
dies ist auch der Sinn seiner egw-eimi-Worte. Auffassung des Joh ist, daß
Jesus als der Offenbarer nichts offenbart, als daß er der Offenbarer
ist. Diese Offenbarung ist Heilsgeschehen, “bereitet den Seinen dadurch
den Weg, der Welt aber den Weg, der Welt aber den Untergang” (Bultmann)
Die Christologie hat die gesamte Eschatologie in sich aufgenommen und hat keine selbständige Bedeutung mehr. Mit Paulus verbindet Joh, daß die Sendung des Sohnes das Heilsgeschehen schlechthin ist. Aber für Paulus steht noch einiges aus, Wiederkunft Christi, Auferstehung der Toten, Endgericht und ewiges Leben. Für Joh vollzieht sich diese Ereignisse gegenwärtig in der Redaktion auf den Ruf Jesu. Die radikal präsentische Eschatologie wurde schon bald durch den Redaktor wieder futurisch korrigiert (vgl. Joh639ff u.a.) Das eschatologische Heil, das keiner Vollendung bedarf, wird mit den egw-eimi-Worten und den Reziprozitätsformeln ausgesprochen.
6. Religionsgeschichtliche Stellung
Die Verkündigung erfolgt in gnostischer Denk- und Vorstellungsweise,
die Sprache des Joh ist nicht nur modus loquendi!
6.1 Parallelen zur Gnosis
Bultmann: Der gnostische Erlösermythos, wie er in mandäischen
Texten am sichtbarsten wird, steht hinter der johanneischen Christologie.
Der Logos-Spekulation des Johannes-Prologs liegt nach Bultmann die
jüdische Spekulation über die personifizierte göttliche
Weisheit (Chochma) zugrunde, auch bei Philo können Logos und Sophia
wechseln.
Damit war der Erlösermythos als vorchristlich und als verbindendes
Glied zwischen den sonst voneinander unabhängigen Texten im Orient
und Hellenismus erwiesen;
6.1.1 Die Mandäer im südlichen Mesoptamien entsprang vermeintlich?
einem häretisch-gnostischem Judentum, das sich in Form von Taufsekten
im Ostjordanland konstituiert hatte, sie gehört in die palästinisch-syrische
Taufbewegung, die ab 150 v.Chr. nachzuweisen ist. eine Verbindung dieser
Mandäer mit den “Jüngern des Johannes (des Täufers)” oder
gar eine Identität mit ihr läßt sich nicht erweisen: D.h.
es gab aber eine gemeinsame religiöse Kunstsprache. Freilich Joh rezipiert
nicht nur den allgemein-gnostischen Erlösermythos, der sich auch sonst
im NT, sondern teilt mit den Urmandäern spezielle Vorstellungen und
Sprachenformen.
6.1.2 Berührungen mit den Qumrantexte: Der Dualismus fwß
thß zweß Joh812 gibt es auch in Qumran: Das Paar Leben-Tod
begegnet freilich nicht in Qumran. Aber : Die Verwandtschaft beschränkt
sich auf Einzelheiten und den Dualismus, bei Joh fehlt Ritualismus, Naherwartung
und Gesetzesfrömmigkeit, daher kaum direkte Abhängigkeit. Freilich
repräsentieren die Qumrantexte ebenfalls Dokumente eines synkretistischen
grnostisierenden Judentums und gehöre mit in die syrisch-palästinische
Taufbewegung.
6.2 Unterschiede zur Gnosis
6.1.1 Die mandäische Gnosis und jüdische Weisheitsspekulation
kennen mehrere Erlösergestalten, die einander abwechselnde Erscheinungen
derselben göttlichen Gestalt sind. Joh hat diesen “Mythos” an die
geschichtliche Gestalt Jesu gebunden;
6.1.2 Bei Joh ist Jesus eine Gestalt in exklusiver Singularität
6.1.3 den absoluten und metaphysischen Dualismus hat Joh nicht übernommen,
die Erklärung der Welt durch kosmische Urkatastrophe; ebensowenig
die Vorstellung von der Präexistenz der Seelen, d.h. des menschlichen
Selbst und von seiner Wesensidentität mit dem Erlöser: Der Schöpfer
ist bei Joh identisch mit dem Erlöser Joh11-14
6.1.4 Die Übernahme des Mythos ist keine zweckbedingte Anpassung,
sie war vielmehr bedingt durch eine sachliche Übereinstimmung in bestimmen
Grunderkenntnissen, die Erkenntnis der “Unweltlichkeit des Selbst”, der
“Weltverflochtenheit” und der “Weltverfallenheit”, damit verbunden die
der “Unweltlichkeit Gottes” und der Notwendigkeit von Erlösung und
Offenbarung. Der Grund zur Übernahme bestand darin, daß im gnostischen
Mythos ein bestimmtes Verständnis von Welt und Mensch seinen
Ausdruck findet, an das der Evangelist anknüpfen konnte - eine Frage,
auf die das Evangelium eine Antwort war.
7. Abfassungsverhältnisse
7.1 Theologiegeschichtliche Situation
Joh ist für die Gemeinde bestimmt, kein “Missionsevangelium”.
7.1.1 Polemik gegen Juden als “Repräsentanten der Welt, des Unglaubens
aus Religiosität”
7.1.2 Polemik gegen die Täufer, vgl. Prolog Joh16ff,15,20-27.
Der Täufer wird Jesus energisch subordiniert und für ihn beansprucht,
teils durch Selbstzeugnis oder durch Deutung seitens Jesus Joh533-36 oder
durch den Evangelisten Joh16ff. Der Prolog ist vermutlich ein Lied täuferischer
Herkunft, das den Täufer als den präexistenten und Fleisch gewordenen
Logos feierte. Die Auseinandersetzung mit den Täuferjüngern war
für die Gemeinde des Johannes, jedenfalls für einen Teil, auch
eine Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit.
7.1.3 Polemik gegen die Gnosis und deren Offenbarergestalten und -ansprüche.
Auch wenn kein spezieller gnostischer Gegner sichtbar wird, geht es dem
Evangelisten um die prinzipielle Klarstellung, daß die Todverfallenheit
des Menschen, die die Gnosis so klar erkannt hat, ausschließlich
durch die Offenbarung in Jesus gelöst wird.
7.1.4 Polemik gegen das “Kirchentum” seiner Zeit, weniger explizit
als stillschweigend: Er übergeht die Einsetzung des Abendmahls, Reserviertheit
gegenüber den gängigen Vorstellungen seiner Zeit vom Sakrament,
apostolischen Amt und Kirche als Institution, ähnlich wie im Hebräerbrief.
Jünger werden Freunde genannt Joh1514f, Selbstbezeichnung “Freunde”
3Joh15. Kritischer Anspruch des Verfassers verbindet sich mit Anspruch
des Verfassers, in seinem Buch die geistgewirkte und also verbindliche
Darstellung der Geschichte Jesu zu geben. Aber: Die Verbindung zu pneumatischen
Enthusiasten nicht geschichtlich, denn deren Enthusiasmus war an Sakramentsverständis
gebunden und hatte außerdem nichts mit der Leben-Jesu-Tradition zu
schaffen.
8. Verfasserfrage, Abfassungszeit und Abfassungsort
8.1 Die Verfasserfrage
8.1.1 Innere Zeugnisse: Joh2124 deutet an, daß der Lieblingsjünger
der Verfasser des Evangeliums ist, die Notiz kann sich nur John1-20 beziehen.
Dort allerdings keine Hinweis des Verfassers auf dessen Person: Erst das
Nachtragskapitel Joh21 macht den Lieblingsjünger zum Verfasser1 Aber
wer ist es? Aus dem ganzen Evangelium geht nicht klar hervor, daß
dies Johannes sein muß. Denn es ist ein indirekter Rückschluß
aus einem der drei Synoptiker bekannten Vertrauten Jesu Petrus, Johannes,
Jakobus, aber die gibt es im Joh nicht, auch ist nirgendwo von den Zebedaiden
die Rede.
Er steht in unverkennbarem Konkurrenzverhältnis zu Petrus (vgl.
Überholen am Ostermorgen), die beiden Stellungen sind allerdings nicht
vergleichbar. “Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß sowohl
der Evangelist als auch der Redaktor die Frage nach der Gestalt des Lieblingsjüngers
absichtlich im Halbdunkel gelassen und bewußt die literarische Anonymität
durchgeführt haben”. Der Jünger ist vielleicht der “ideals Jünger”,
vielleicht individuelles und ideelles Moment zu kombinieren. Immerhin:
Die Autor(in)ität des Petrus wird zwar nicht bestritten, aber durch
die des Lieblingsjüngers relativiert. Der Evangelist und Lieblingsjünger
also nicht identisch, jedoch muß der Verfasser eine hochangesehene
Persönlichkeit gewesen sein.
8.1.2 Äußere Zeugnisse:
8.1.2.1 Bischof Polykrates in Ephesus ca 190 bezeugt die Existenz eines
Johannes in Ephesus und identifiziert ihn mit dem Lieblingsjüngers
8.1.2.2 Nach Irenäus 180 ist Joh von Apostel und Lieblingsjünger
verfaßt orden, und zwar in Ephesus. Irenäus beruft sich auf:
8.1.2.3 Polykarp der will als Kind den Polykarp gehört haben,
der von seinen Beziehungen mit Johannes, “der den Herrn gesehen hat”, erzählte,
und auf
8.1.2.4 Presbuteroi, die in Asia mit “Johannes, dem Herrnbruder zusammen
gekommen waren”
8.1.2.5 Der Kanon Muratori 200 gibt phantastische Schilderung von der
Entstehung des 4. Evangeliums: Johannes wird nicht wie gleichzeitig Andreas,
als Apostel bezeichnet, soll alles aufschreiben und alle sollen es überprüfen.
Der Kanon Muratoi will dem Joh apostolische Autor(in)ität verschaffen
und Augenzeugenautorität. beides war also bestritten!
Man muß also den ephesinischen Johannes und er Verfasser des
4. Evangeliums trenne, die Irenäus in eins setzt. Der ephesinischen
Johannes soll Apokalyptiker gewesen sein, kommt also für die Abfassung
des Joh gerade nicht in Frage. Er kommt eher als Abfasser der Johannes-Apokalypse
in Frage! Die äußeren Zeugnisse sprechen ebensowenig wie die
inneren für den Zebedaiden als Autor(in)!
Außerdem scheint der Zebedaide schon früh Märtyrer
geworden zu sein, wenn man Mk1035-40 als vaticinium ex eventu auffaßt!
Die Apg122 ist, so Vielhauer, spätere Korrektur, denn Lk streicht
Mt1035 überhaupt! Das Martyrium fand angeblich unter Herodes Agrippa
statt.
8.2 Abfassungsort und Abfassungszeit
Traditionelle Anschauung in Ephesus oder westliches Kleinasien. Gegensatz
zu “den Juden” und Polemik gegen Anhänger des Täufers deutet
eher auf Syrien, vielleicht hier Entstehung, dort Redaktion! War
Anfang erstes Jhd schon in Ägypten bekannt, vermutlich Wende von 1. zum
2. Jhd, um 100!