12: Karl Barth beachtete nicht: die Archäologie; W.F.Albright, Erträge von A.Alt, K.Galling, M.Noth und E.Sellin (Bächli nennt eine ganze Reihe weiterer, darunter Wolff, Herntrich, "der für Barth im Blick auf Vischer wichtig gewesen wäre".)
77f: Frage der allgemein oder besonderen Hermeneutik: hinter die historisch-psychologische Betrachtung kann man nach Barth nicht mehr zurück; aber die eigentliche Arbeit fange erst nach dieser an. Die Kritik an Barth hob hervor, daß seine Sympathieerklärung für die radikalste Bibelwissenschaft durch die faktische Art seiner Exegese bedeutungslos wird.— Das ist auch mein Eindruck von Wilhelm Vischer!
84: Barths Entwicklung lasse sich am Kanonsverständnis nachzeichnen: Nur wenn der alttestamentliche Teil maßgebender Kanonteil und damit Offenbarung ist, bekommt er für Dogmatik und Predigt normative Geltung (Barmen!). "Der Kanon bildet die Voraussetzung der Exegese und wird dieser darum hier vorangestellt" (also in Bächlis Darstellung). Barths Kanonbegriff habe insgesamt mehr Ablehnung als Zustimmung erfahren (S. 84 Anm. 3).
85f: KD IV/1, 406f: Lehre von der Verbalinspiration ist nach Barth auch ein Produkt typisch rationalistischen Denkens.
86: Selbstverständnis der alttestamentlichen Zeugen ist unsere Glaubensfrage, trennend zwischen Kirche und Synagoge.
87: Ablehnung heilsgeschichtlicher Systematik, da sie an der Einheit, Ganzheit, Heiligkeit und Unverfügbarkeit der Offenbarung vorbeigehe bzw. sie antaste; vgl. hierzu KD I/2, 534: das "theologisch unmögliche Unterfangen einer Systematik der Offenbarung" – gegen Konstruktion einer "Heilsgeschichte"! [falsche Seitenangabe von Bächli? Tatsächlich S. 536 in KD I/2]
89: Mit der Entscheidung für oder gegen den Kanon des Alten Testaments fiel die Entscheidung über rechte und falsche Kirche. KD I/2, 666f.: die Entscheidung der Kirche bestand in der Feststellung, Bezeichnung und Abgrenzung des Kanons; welches der Kanon ist, sei aber von oben entschieden worden. 91: es besteht also eine Dialektik, sowohl das orthodoxe als auch das liberale Kanonsverständnis werden je in ihr Recht gesetzt.
87f. zum Sich-selbst-Imponieren des Kanons. … Anerkennung oder Nichtanerkennung des Kanons = status confessionis (90). "Die Kirche anerkennt das Alte Testament und das Neue Testament als ihren Kanon und ihre heilige Schrift erweist sich gerade darin als wissende, gewissenhafte, wagende, gehorsame und glaubende Kirche" (90). Den Kanon in Frage zu stellen, ist das Recht ausschließlich der (ganzen) Kirche, geleitet vom Heiligen Geist; von außen (3.Reich) darf sie sich hier nicht dreinreden lassen (92).
98: Barths Schriftbeweis ist 1) biblisch-geschichtliche Konkretion (KD IV/1,470), 2) dient der Veranschaulichung (KD II/2, 434), 3) soll einen Sachverhalt vergegenwärtigen (KD IV/1,643). 4) Der Schriftbeweis darf nicht beweisen wollen, was der Christ auch ohne schon vorher weiß, sondern muß zu neuer Erkenntnis führen (??).
Bächli 98f.: "Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß der Schriftbeweis nur ein einziges Mal (II/2, 391) als ‘das Christuszeugnis des Alten Testaments’ eingeführt wird. Im ganzen wird man urteilen müssen, daß Barth den alttestamentlichen Schriftbeweis nicht als ‘Christuszeugnis’ verstanden wissen will." Hierzu verweist Bächli u.a. auf Schlichting 91.112f.127.
- 99f.: Quer-, Längsschnitt, durchgehende Linie = Weisen von Barths Schriftgebrauch. 101: Vorwurf gegen Barth: "Konkordanz- oder Summationsexegese". Bächli (101): Zu verlangen, die Perikopen allseitig auszulegen, wäre unbillig, aber entscheidend ist, daß das tertium comparationis mit dem Thema übereinstimmt oder ihm wenigstens nahesteht. 102: Barths höchst ablehnende Stellung aller Kritik gegenüber. KD I/2, 272: Aus NT = ex- und implizit aus dem AT zitiert.
- 103: Es gibt für Barth keine Methode, die die Offenbarung zur wirklich vernommenen Offenbarung machen könnte. Keine Verfügungsgewalt hat die Exegese über den Text.
Zum Biblizismus: wenn dieser die Autor(in)ität des Dogmas akzeptiert, dann o.k., weil dann aus der Nachbarschaft der Titanismen entfernt (Bächli 106f.). Barth wird verschieden beurteilt: neg. als Biblizist oder fast als solcher; pos. davon entlastet oder sein Biblizismus gutgeheißen — deutlich: weder die Richter untereinander noch Barth in sich einheitlich (Bächli 108f.)
- 109: Barth nach Schoch "fundamentalistisch", nach Gloege "fast fundamentalistisch".
- 109f.: Frage nach dem barthschen Verständnis der pneumatischen Exegese (Barth von Jülicher und Proksch als Pneumatiker bezeichnet): Barth lehnte diese ab, weil er sie als Ablehnung der historischen Methoden verstand. Bes. scharf im Vorwort zur Erklärung des Philipperbriefes (1927) und in "Credo" (153f.): "es genüge (ihm) vollständig, eine theologische Exegese zu fordern". In der KD geht auf die pneumatische Exegese nicht mehr ein; von ihr hat er sich noch schärfer als von Fundamentalismus und Biblizismus abgegrenzt.
- 114: AT und NT nach KD IV/1, 171.182. Anbindung ans AT, die das NT vollzieht, ist Riegel gegen allen Doketismus. KD IV/1, 183: Wo immer die Geltung des AT angegriffen ist, da droht der Doketismus (Bächli 114f.). Barth versucht an Dtn 32 die Geschichte Israels als Leidensgeschichte darzustellen (KD IV/1, 190); diese Optik der Geschichte Israels ergibt sich Barth von ihrem Telos her — sie wird christologisch gedeutet. Die Gefahr des "Doketismus" erblickt Barth in beinahe jedem Locus! (Bächli 115 Anm. 4 mit Belegen).
- 117f.: Barths Geschichtsverständnis: von Dantine als im Schwebezustand befindlich kritisiert, Ableitung sei unklar, Geschichte als Heilsgeschichte christlich vereinnahmt. Bächli 117f. (mit reichen Hinweisen auf die Kritik an Barths Geschichtsbegriff): "Zwar bestehen Nuancen in Detailfragen; aber etliches spricht doch dafür, daß Barths geschichtliche Optik des Alten Testaments in wesentlichen Punkten mit derjenigen namhafter Fachleute übereinstimmt. Barths Ablehnung des Historismus geschieht im Rahmen seiner Distanzierung vom theologischen Liberalismus, der in Gefahr ist, Geschichte nicht nur als eigenständige Größe zu postulieren, sondern sie mit Offenbarung zu identifizieren. Indem der Geschichte dieser Rang zuerkannt wird, wird sie losgelöst von der Offenbarung in Jesus Christus, die das Volk Israel nach dem Zeugnis diese Alten Testaments erwartet und deren sich die Kirche nach dem Zeugnis des Neuen Testaments erinnert." AT und NT werden als Einheit erkannt, die die Geschichte Jesus Christus darstellt. Storch: "das Geschichtliche dieser Geschichte…(wird) in der totalen Bindung der Sendung Jesu an die Berufung Israels festgehalten" (zit. nach Bächli 118).
- 120: In KD I/2, "Die Zeit der Erwartung", erfolgt kaum ein Gespräch mit den Fachgelehrten, aber der Dialog mit Eichrodt (mehr als Barth bewußt sei), Vischer und Rad gehe voraus (zum Querschnit).
- 121f.: Barth kann in KD IV/3,662ff. auch mit alttestamentlichen Zitaten zeigen, was ein Christ ist. Deutlich gemacht wird also: Erwartung der Offenbarung ist Offenbarung.- Der Davidspsalter bildet die "messianische Folie...von dem in Davids Leben und Taten abgelegten Zeugnis von Gottes Reich" (IV/3,663f.). Grenze zum NT: "Es gibt im alttestamentlichen Raum keine Antwort auf die Frage nach dem Ziel der Geschichte Israels, nach der letzten Absicht ihrer Prophetie." "Die Geschichte Israels (sc. am Beispiel Ezechiels) ist das zusammenhängende Werk der Taten Jahves… Jahve redet in ihrem Geschehen und also in seinem Tun… Die Geschichte Israels ist das…Werk der Taten Jahves"; sie hat Offenbarungscharakter durch das in ihr laut werdende Wort Jahves. Sie ist aber gerade darin "undurchschaubar", daß "das das Geschehene und Gesagte (sc. im alttestamentlichen Raum) über sich selbst hinausweist" (668; alles nach Bächli 122 zitiert).
- 122-124: In KD IV/3,782ff. (§ 72) findet sich ein alttestamentlicher Exkurs über Israel inmitten der Weltvölker. Barths Thesen: 1) "Die Umgebung Israels interessiert das Alte Testament nur…in ihrer Beziehung auf die Existenz und Geschichte Israels." 2) Jahwe ist Gott auch der Fremdvölker. Dies könne nur "eschatologisch", damit aber eben "realistisch" ausgesagt werden (KD IV/3,792).
Bächli 124ff.: Barths Arbeit am Christuszeugnis des AT auch deutlich am Längsschnitt in KD II/2,58ff. (Begriffe Erwählung/Erwählter). Der Exkurs habe präparativen Charakter auf Christus hin. Barth teilt die Geschichte Israels in 4 Perioden von Adam bis Christus, ohne aber Apg 7; 13 oder Mt 1 zu erwähnen. Barth bewege sich auf der Grenze zwischen Geschichtsphilosophie und heilsgeschichtlichem Denken. Bächli 126: Das Geheimnis der Erwählung sieht Barth in 2 Phänomenen: 1) Reduktion (Menschheit im Ganzen–Noah u.a.); 2) Stellvertreter / Platzhalter: das Reich Davids, Salomo, Serubabel; dann Barth: "Es kann nach allem Vorangegangenen nur Gott selber sein, der jetzt als Davidssohn den Thron einnimmt, um alle Verheißungen in einem Schlage wahr zu machen." Bächli: der Längsschnitt sprengt hier den alttestamentlichen Rahmen und mündet im NT (Kreuz). Die Geschichte Israels nennt Barth mehrfach "Vorbild", "Zeichen": der "Rest" als Zeichen des Volkes etc. – Bächli 127: Man mag die Akzentuierung und Periodisierung Barths für subjektiv halten; Barth hält sich aber an biblische Muster.
- 127f: Subjekt der Geschichte ist für Barth Jesus Christus (vgl. 133). Die "Heilsgeschichte" umfasse alle anderen Geschichten (KD IV/3). Bächli 128: "Auch wenn es sich nicht um einen ‘eigentlichen Typus, eine adäquate Präfiguration der Prophetie Jesu Christi’ handelt, auch wenn die Propheten nur als ‘die vorauseilenden Boten der göttlichen Versöhnungstat als der Erfüllung des Bundes’ anzusehen sind – ‘man würde den Wald vor Bäumen nicht sehen, wenn man leugnen wollte: dass…mit einer realen Vorwegnahme der Prophetie Jesu Christi nach dem Zeugnis des Alten Testaments allen Ernstes zu rechnen ist.’" Jesus Christus und die Geschichte Israels seien "vorbehaltlos vergleichbar" "in ihrer Ganzheit und in ihrem Zusammenhang". 130: Israels Geschichte hat den Charakter eines exemplarischen Geschehens mit universaler Funktion. Die Propheten zusammengenommen haben universalen Charakter, nicht jeder für sich allein (129).
- 128 Anm. 26: Barth hat sich gegenüber Kraus brieflich (1.5.1952) über die Gestalt einer "Geschichte Israels" geäußert: historisch-kritische Analyse notwendig, um zu zeigen, daß und inwiefern die Texte konkrete Zeugnisse des Heilsgeschehens sind. Kraus solle das "Monstrum" der Heilsgeschichte nicht als Konstruktion der Geschichte, sondern als die wirkliche und wahre Geschichte darstellen. "Geschichte Israels…besteht positiv in einer Exegese des alttestamentlichen ‘und es geschah’." Bächli 130: Nach Barth ist die Geschichte Israels nicht Selbstzweck, sondern präfiguriert Jesus Christus als das "Licht der Welt".
- 133: Am Ende der Darstellung konkreter Beispiele der alttestamentlichen Exegese Barths heißt es bei Bächli: "Barth legt sich nicht auf einen einzigen Umschreibungsversuch fest, sondern geht das Problem von verschiedenen Seiten her an; so fügt er unvermittelt auch die Begriffe ‘Vorgeschichte’ und ‘Vorwort’ ein: ‘Die Geschichte Israels ist die Vorgeschichte Jesu Christi und ihr Wort ist das Vorwort des seinigen’ (72). Es ist nicht zu übersehen, daß ‘das Christuszeugnis des Alten Testaments’, wie es etwa von W. Vischer dargestellt worden ist, ganz andere Konturen aufweist; bezeichnenderweise wird Vischers Name in diesem Zusammenhang nicht erwähnt. Barth ist mit seiner Erkenntnis weitergeschritten: Er hat sie theologisch vertieft und sich nicht mit einer einmal eingenommenen Position – etwa derjenigen von KD I/2 – zufriedengegeben. Daß damit das letzte Wort zur Geschichte Israels und zur Beziehung zwischen Altem und Neuem Testament gesprochen wäre, ist nicht anzunehmen. Es war hier als Barths letztes Wort darzustellen."
- 136.142.154.161f.: Barths Exegese ist "Lokalexegese" zu nennen: es werden Texte ausgewählt, die zu einem locus dogmaticus in Beziehung stehen. Daher Vorwurf der "Summationsexegese" (154), von Gloege (161f.) als Ausdruck eines dahinterstehenden biblizistischen Postulats eines einheitlichen, widerspruchsfreien Schriftkodex interpretiert. Konrad beanstandet, daß Barth seinen Beleg nicht aus dem Kontext holt; die Textstellen würden nur unkritisch aneinandergereiht, die innerbiblischen Differenzen vernachlässigt, was Barth gegenüber seiner eigenen Hermeneutik gegenüber untreu werden lasse, nach der richtige Exegese nur die von ihrem Gegenstand bestimmte von ihrem Gegenstand bestimmte Exegese sein könne (bei Bächli S. 162). Positiv wird Barths "Konkordanzanhören" von Gollwitzer gewertet (ebd.). 163: Bächli kann den Einwänden von Gloege und bes. von Konrad ein relatives Recht nicht absprechen. Diese beiden haben aber in ihrer Beurteilung nicht berücksichtigt 1) den Kanonbegriff Barths und 2) das reformatorische Prinzip sacra scriptura sui ipsius interpres, das Barth durchgehalten haben dürfte. Eine andere Sache ist, dieses Prinzip selbst in Frage stellen zu wollen. Hierzu relevant: die letzten Äußerungen Barths in KD IV/4, 120f.
- 139: Nach Küng wurde Barths Denkform durch den Idealismus geprägt; genannt werden Kant, Fichte, Schelling, Hegel und Schleiermacher!
- 139f.: Die politische Relevanz der Barthschen Theologie resultiert nach F.W.Marquardt in Barths tieferem, innerem Verständnis des Alten Testaments.
- 140: Was ist das Spezifische der Barthschen "biblischen Denkform" (für die F.W.Marquardt in Anspruch nimmt, schon vor Schlichting von ihr gesprochen zu haben; Bächli 140 Anm. 13)? Nach Schlichting ist es die "Sachgemäßheit": Die Ausrichtung auf die Sache ist wichtiger als die individuelle Eigenart der biblischen Autoren. Nicht verschiedene Denktypen versucht der Dogmatiker herauszuarbeiten, sondern das Gemeinsame, was die Bibel zur Einheit macht und somit das Kanonische des Kanons ist. 141: Den Begriff "biblische Denkform" (Oppositionsbegriff zu phil.od.theol Denkschematismen) hat Barth nicht ausreichend reflektiert; er definiert ihn erst in KD IV/3, 102, also zu spät, um ihn auf die ganze KD anwenden zu können.
- 153f.: Barths Exkurse zu Pss 32.51 können als exemplarisch a) für die Verschränkung von Dogmatik und Exegese gelten, b) wie er im Anschluß an eine exegetische Schneise zur Analyse biblischer Texte gelangt, c) wie er in der kanonischen Denkform AT und NT aufeinander bezogen sieht.
- 154: An der in KD I/2 und II/1 gefundenen Methode ändert sich im Laufe der KD nichts mehr! S. 228: "Daß er vor allem in IV/1 und IV/2 die Methode von II/2 wenn auch mit z.T. erheblichen Modifikationen – fortsetzt, zeigt, daß er sich nicht auf die Sonderform von III/1 festzulegen gewillt ist, sondern sie nur verwendet, weil sie nach seiner Meinung für den neuen Stoff am besten geeignet ist." [Satzzeichen sic]
- 159: Tod im Alten Testament: nach Barth dort durchgehend negativ beschrieben, Zeichen des göttlichen Gerichts, Folge der Konfrontierung des Menschen mit Gott. Grenze des AT aber bei Frage, was den Tod zum Unheil macht, deutlich: 160: "Über die Wirklichkeit der endenden Zeit vermag es nach Barths Urteil nicht erschöpfend Auskunft geben." Der Schriftbeweis ist nur den späteren Teilen des AT zu entnehmen. Von Erneuerung und Fortsetzung des Lebens ist im AT nicht die Rede. Tod neben Satan und Chaosmacht verhandelt; kennzeichnend für das AT: kein Jahwe gegenüber selbständiger Todesgott, mit dem Jahwe erst um die Herrschaft streiten müßte. Erstlich und letztlich ist also Gott zu fürchten. Bächli 161: "Gerade die letzten Ausführungen Barths zum Thema der ‘endenen Zeit’ machen deutlich, daß sein Hinweis auf den ‘Rand’ des alttestamentlichen Zeugnisses nicht in erster Linie eine historische, sondern eine sachliche Eingrenzung bedeutet, die dann jeweils mit den neutestamentlichen Exkursen tranzendiert wird."
- 168ff: Gen 4: Vischers "Jahwe der Gott Kains" (München 1929, 75 S.) ist mit Barths Auslegung von Gen 4 zu vergleichen! Hierzu die Zusammenfassung Barths durch Bächli 168ff.
- 172: Typologische und christologische Deutung zu Lev 14.16 (KD II/2) verbunden: "Der einzelne Erwählte im Alten Testament ist immer ein Zeuge Jesu Christi, ja er ist als Typus Christus selber. Er, Jesus Christus, ist ursprünglich der erwählte Einzelne, während jeder Andere es nur als sein Typus, nur als sein Vor- oder Nachbild…sein kann. In diesem Sinn ist aber Jesus Christus jedes von den vier Tieren in Lev 14 und 16"; diese Stellen sind Weissagung…, die als solche von…Jesus Christus noch nicht reden" können (Barth S. 402); "Jesus Christus ist zugleich der von Gott erwählte und der von Gott Verworfene… Man wird die Erwählungsgeschichten des Alten Testaments…in ihrer so auffallenden Doppeldeutigkeit als Weissagung auf Jesus Christus verstehen müssen." Die "geschichtliche Mannigfaltigkeit der Gestalten…ist unübersehbar und darf von einer gesunden Exegese um keinen Preis übersehen werden". Das "letzte Wort der Exegese" ist "auch hier tatsächlich der Name Jesus Christus" (Barth 404/zit. nach Bächli 172f.). Baumgartner bittet Barth, diese Exegese nicht mitmachen zu müssen; Barth entbindet ihn tatsächlich der Gefolgschaft (Brief vom 16.7.1942). Bächli mit Hinweis auf L.Diestel: christologisch-typologische Deutung Barths ist an den Text herangetragen. Sie ist nicht unbedingt falsch ("Jesus Christus" ist das letzte Wort der Exegese); aber auch wenn diese Texte Weisagung auf Jesus Christus hin sind, darf ihr Eigenwert nicht auf Signifikanz reduziert werden.
- 178: Ähnlich interessant zu Saul und David: diese seien nur Bild; Jesus Christus sei die "Sache selbst". LK der Samuelbücher kaum berücksichtigt (179.190)!!!! — Unterschied zu Vischer, der die Verschiedenheit der Quellen über die Entstehung des Königtums theologisch reflektiert!
- 180: kanonische Exegese: scheinbar an Unterscheidung der Quellen nicht interessiert.
- 180 Anm. 23: Wie Vischer betont Barth, daß es nicht auf einzelne messianische Stellen ankomme, sondern der Gesamtablauf der Geschichte Israels zielt auf die in Jesus Christus geschehende Erfüllung hin.
- 186f.: Wie sehr Barth vom AT her denkt, wird in der neueren Sek.lit. zu Barth erstmals von Krötke richtig gewichtet.
- 210: kanonische Exegese: Ebene der Endgestalt (zB bei Hiob), wenn auch LK vorausgesetzt wird, Barth geht sogar recht ausführlich auf Einleitungsfragen ein. Vischers "Hiob" hat Barth ziemlich angeleitet: Begriff des "Zeugen", CL-Deutung. Interessant: Barth von neutestamentlicher Möglichkeit einer Exegese zum Thema "Der Zeuge" keinen Gebrauch gemacht. Hiob ist für Barth der Typus des wahrhaftigen Zeugen (Bächli 212, KD IV/3, 448), in dem sich die Gestalt Christi abzeichnet (KD IV/3,443).- Exegese hier für Barth nicht Illustration, sondern "Quellenangabe".
- 227: Theologie = Exegese = Dogmatik. Dogmatische Argumentationsform wird bestimmt und geleitet durch die Exegese. KD III/1 (Schöpfung) ist ein Sonderfall, der als solcher bisher kaum gewürdigt wurde.
229: Schöpfung als äußerer Grund des Bundes = P; Bund als innerer Grund der Schöpfung = J. Gliederung der Auslegung zu Gen 1 wie Gen 1 selbst, entspr. Barths Schriftverständnis: "Indem sich der Kanon der Kirche imponiert, wird er für den Systematiker nicht minder als für den Exegeten und den Prediger verbindlich und normativ.- Barth möchte Gen 2 nicht als Anhängsel und Kommentar zu Gen 1 lesen, sondern als eigene, selbständige Sage von demselben Geschehen. Jede der beiden Sagen hat ihre eigene Harmonie, die als solche einzeln zu hören ist (Bächli 230). Der Exegese voran geht die Erkenntnis, daß "ein sachlicher Widerspruch nicht in Frage kommt" (Bächli 230f.)
- 233: Der biblische Bericht ist Sage, es ist aber nach Barth "krankhafte Phantasielosigkeit", hierin einen abwertenden Begriff zu sehen; die biblische Schöpfungsgeschichte ist "divinatorische und dichtende Sage. Divination heisst: die Schau des der historischen Dichtung vorangehenden geschichtlichen Werdens, das sich aus dem Gewordenen, in welchem sich die historische Geschichte abspielt, erraten lässt. Und Dichtung heißt: die sprachliche Gestalt dieser erratenden Schau und also des erratend geschauten geschichtlichen Werdens. In solcher Divination und Dichtung entsteht im Unterschied zur Historie und im Zusammenhang mit ihr…die erzählende Sage" (Barth S. 90, Bächli 233). Dabei beruft sich Barth auf ähnliche Leute wie Vischer: Hamann, auf Vischer selbst, Bachofen, Berdjajew, Schlatter.
- 235: Barth kommt selbst in KD III/1 sehr schnell auf seine theologischen Fragen zu sprechen, mit denen er bereits innerhalb der philologischen Arbeit beschäftigt scheint. Beispiele bei Bächli 235-238.
- 238: Religion und Religionsgeschichte: Diese hat für Barth sekundären Wert, sie sind nicht der entscheidende Kommentar (historisch-kritische Methode im Gegensatz zur Exegese der Alten Kirche), sonst lasse man die Texte nicht sagen, was sie sagen wollen.
- Bächlis abschließender Teil § 26 "Theologie ‘Zwischen den Zeiten’", 323f.: Was bedeutet Neuprotestantismus für die alttestamentliche Forschung? (323f.) Die AT-ler wachten erst auf, als mit den Juden auch das AT angegriffen wurde, man begann, nach seinem spezifischen Inhalt zu fragen und nach seinem Zusammenhang zum NT. Bächli 325: "Man wird wohl sagen müssen, daß die Gemeinde zuerst wach wurde und dann ihrerseits die alttestamentliche Wissenschaft. Die Neubesinnung der Kirche führte zur Neubesinnung der Theologen. Alttestamentler wie Eichrodt, von Rad und Vischer u.a. haben das Fanal gesehen und dann je auf ihre Weise auch für Barth die Weichen gestellt." Barth war nicht Initiant einer Neubesinnung auf das AT, sondern getragen von einer Bewegung vor und neben ihm.
a) Barths Weg mit dem AT: biblische/kanon.Denkform; AT=Zeugnis der Erwartung, NT=Zeugnis der Erinnerung. keine Verwischung der Grenzen der Testamente. Daß das AT kirchlicher Kanon ist, hat die Kirche nicht zu entscheiden, sondern nur zu bestätigen, daß der Kanon sich ihr imponiert. Ohne "Druck von außen" wäre dieses Verständnis nicht reif geworden.
b) Barth hat von den Vätern, Brüdern und Söhnen selektiv Kenntnis genommen, sich dabei sein eigenes Urteil aber vorbehalten. Den Fachmann (Baumgartner) hat er auch da respektiert, wo er ihm nicht folgen konnte.
c) In seiner Exegese ist Barth keiner Schule verpflichtet; das einzige namhaft zu machende Prinzip ist "scriptura scripturae interpres". "Vorbild wohl am ehesten Calvins Auslegung. Dieses Prinzip zwingt ihn zur biblischen Denkform und läßt ihn vor allem vergleichbare Stellen aus dem Alten und Neuen Testament zur Erklärung eines Zusammenhangs heranziehen. Dabei bemüht er sich, die spezifischen Aussagen seiner zitierten Zeugen zur Geltung zu bringen, auch wenn er häufig eine Aussage zur dominierenden macht. Mehrfach werden Texte und Textgruppen zu einem Begriff aus der Systematik oder aus der Ethik abgehört; dabei wird deutlich, daß solche Subsumierung nicht problemlos ist und gelegentlich nicht ohne Pressung des Textes abgeht; daß z.B. ‘des Menschen Lüge’ am Buch Hiob exemplifiziert wird, ist nur dann diskutabel, wenn die Lüge nicht als einziges Thema des Hiobbuches suggeriert wird. Einen Sonderfall sowohl in der systematischen wie in der exegetischen Arbeit Barths stellt seine Schöpfungslehre in Gestalt eines theologischen Kommentars dar. Damit hat Barth Neuland betreten; hier wird die Sekundärliteratur sowohl von der Dogmatik als auch von der Auslegung her noch eine Vielzahl grundsätzlicher Fragen anzumelden haben. Exegetische Schwachstelle dürfte allerdings nicht die Auslegung von Gen 1 und 2 als Schöpfungslehre sein, es sind eher einzelne Partien der Erwählungslehre, in denen Barth sich weniger vom Texte als vom Thema leiten läßt; daß die Exegese ohne ‘Rest’ aufgeht, macht sie gelegentlich verdächtig. Weit weniger anzufechten sind die historischen Paraphrasen. So ist Barths Weg ein Weg mit dem Alten Testament. Smend hat seine Exegese als ‘nachkritische Schriftauslegung’ bezeichnet. Barth will nicht den Anschein erwecken, als habe es die historisch-kritische Forschung nicht gegeben und als habe sie nicht ihre guten Früchte gezeitigt; aber er will sich mit diesen Früchten nicht begnügen. Er kann nicht bei Gunkel stehenbleiben. In diesem Sinn läßt sich sein Programm, ‘kritischer als die historisch Kritischen’ zu sein, verstehen. Nachkritische Schriftauslegung ist unvergleichlich schwieriger als kritische oder vorkritische. Daß Barth sich dieser Schwierigkeit nicht entzogen hat, wird ihm von den Fachleuten mehrfach attestiert."
d) Barth wirkte immer in der Kirche, bezeugte aber auch immer, daß der Auftrag der Gemeinde auch draußen zu erfüllen sei ("prophetische Existenz der Kirche"). Der Christ als Einzelner und die Kirche als Ganzes ist Hermeneut, Bote. Nicht Arkandisziplin; das Wort ruft nach Applikation im Handeln, in der Predigt und in der polit. Verantwortung der Kirche.
- 328: Starke Anlehnung an Eichrodt, bei dem das AT wieder ein Zeugnis für Christus und damit für Kirche und Theologie relevant wird. Barth erwähnt KD I/2,87 Eichrodt, Vischer, von Rad als Belege für diese Entwicklung. Barths Rekurs auf Luther auch deshalb, weil "die andere Seite" sich ebenfalls auf Luther bezog.
Barth legt den Schwerpunkt nicht auf das Schema "Verheißung/Erfüllung", sondern Erwartung/Erinnerung, womit jenes nicht mehr den präparativen-pädagogischen Charakter hat, der dem AT meist zugestanden wurde. Jesus ist schon in seiner Vorgeschichte der Inhalt und das Thema (Bächli 330, Barth KD I/2, 89).
- 331: "Die hier vorgelegte Untersuchung läßt sich unter das Schlüsselwort stellen, daß es sich im Alten Testament um eine ‘bewegende Sache’ handelt." Worin lag dieses für Barth? Wort Gottes!
332: Evtl. wirkte Hegel nach in einem evolutionärem Denkschema, wenn er hoffte, das Problem der natürlichen Theologie werde nicht wieder aufkommen.— Barth selber war zu Kurskorekturen bereit, was Klappert an seiner Israellehre zeigte.
S.Felber, Juni 1995