Hermann Gunkel, Die Sagen der Genesis, Genesis, 1910

Definition Sage: Sage ist...volkstümliche, altüberlieferte poetische Erzählung, die Personen oder Ereignisse der Vergangenheit behandelt. Demnach ist von der Sage Geschichte zu unterscheiden. Sage ist eine mündliche Überlieferung. Die Sage redet...über das Persönliche und Private (Dagegen W. H. Schmitt) und berichtet unglaubwürdiges. Aber Poesie hat eine andere Wahrscheinlichkeit als Geschichte. Die Art wie erzählungen von Gott reden dienen als Maßstab dafür ob Texte poetisch oder prosa sind.
2. Arten der Sagen der Genesis
2.1 Sagen
2.1.1 universalistische Art
ist zu finden in der Urgeschichte mit seiner düsteren Stimmung und einer tiefen Kluft zwischen Mensch und Gott, mit seinen Anthropomorphismen und als Handelnder erscheint Gott.
2.1.2 familiäre Art
ist zu finden in der Vätergeschichte mit unverbrüchlicher Gnade Gottes gegenüber den Generationen, hier ist der Mensch der eigentlich Handelnden.
2.2 Mythen
es gibt eigentlich keine echten Mythen in der Genesis, denn die Jahve-Religion ist von Anfang an auf den Monotheismus angelegt. Mythen sind Göttergeschichten mit der Betonung auf den Plural. Mythen geben Antwort auf die drängendsten Fragen der Menschheit "Was Sie schon immer über Sex wissen wollten" etc..
2.3 Vätersagen
Die Helden der Sagen sind die Stammväter, die Ahnherren der Völker. Die Beziehungen untereinander werden durch Stammbäume dargestellt. Sie sind aus dem mythischen Denken hervor gegangen. Sie stammen so Gunkel aus der israelischen Königszeit, weisen jedoch weiter zurück. Bestanden also schon vorher. Auch hier gibt es verschiedene Typen von Sagen. Man/frau unterscheidet zunächst in historisch und ätiologisch. Letztere wiederum in: ethnographisch, ethnologisch, etymologisch, kultisch. Jedoch liegen fast immer Mischformen vor.
3. Kunstformen der Sagen der Genesis
3.1 Einleitungsfragen
Genesis ist für Gunkel die Niederschrift mündlicher volkstümlicher Überlieferung. Umformung der Sagen durch den Lauf der Zeit, später erst bewußte Redaktion. Wo ist diese mündliche Überlieferung zuverorten? Antwort Gunkels bei dem Stand der Geschichtenerzähler. Zuerst Ei oder Henne, d.h Sagenkranz oder Einzelsage, natürlich die einzelne Sage. Je selbständiger eine Erzählung ist desto sicher ist das ganze in der alten Form erhalten. Je kürzer, desto älter.
3.2 Szenen
übersichtliche Szenen mit wenigen, auf das wesentlichste reduzierte, meist durch Gegensatz gekennzeichnete Akteure, deren Handlung die Charakteristik dominiert.
Bei Sagenkränzen ist die Charakteristik ausgeprägter. Stilmittel der Sage ist die Rede der Erzähler soll dem Zuhörer eine geschlossene Kette von Ereignissen bieten. In dieser Geschlossenheit zieht Gunkel ein Kriterium für Quellenscheidung. Um Einblick in die Schreibe Gunkels zugeben hier folgendes süßes Zitat: Besonders liebt es hebräischer Geschmack, an die Namen der Haupthelden und -Orte anzuklingen, auch da wo keine eigentliche Namenserklärung beabsichtigt wird...So sind diese Sagen reich an allerlei Anklägen; sie sind gewissermaßen transparent: schon der, der sie ganz unbefangen, einfach als schöne Geschichte liest hat seine Freude an ihnen... [An die Studis und Examis hat er wohl nicht gedacht, d.E.]
4. Geschichte der Überlieferung der Sagen der Genesis in mündlicher Tradition
Frage nach dem woher der Sagen: Sie sind aus der Fremde in Israel eingewandert. Betrachtet man die Gottesgestalt liegt das Ergebnis auf der Hand: sie ist buntscheckig. Ursprünge kommen aus Babylon (Urgeschichte und Sintflutgeschichte), Ägypten (Fehlanzeige), sind althebräischer Herkunft. Die hebräischen Namen geben Erinnerungen des historischen, in Kanaan eingewanderten Israel wieder. Durch den Gott der Väter = El wird nachgewiesen, daß die Sagen bereits den hebräischen Stämmen vor der Einwanderung bekannt gewesen sein.
Zusammenwachsen von verschieden Sagen wie auch verschiedener Akteure zu einer Person (Noah, Kain, Jakob). Gottesbegriff und Sittlichkeit und ästhetischer Geschmack sind unterschiedlich. Ein Generalschlüssel zu den Gestalten der Genesis ist also ihre Auffassung als Völker keineswegs. - Ebensowenig aber ihre Deutung als vormalige Götter. Die "Religions Abrahams" ist in Wirklichkeit die Religion der Sagenerzähler